Keupergestein 6

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Das kleine O ist weg und Resi, das Gipskeuper-residuum, ist wieder allein. War nett mit dem Kleinen! Resi schmunzelt ein wenig und denkt:

Schade, dass er schon gegangen ist. Ein paar Keupergesteine hätte ich ihm schon noch gezeigt. Aber vielleicht kommt er ja mal wieder vorbei. Dann...

Der zwanghafte Reiz zu gähnen, unterbricht jeg-lichen weiteren Gedankengang. Resi gähnt und gähnt, herzhaft und nachhaltig. Das Gähnen tut so gut und ist fürs Nachdenken so wunderbar erfrischend und förderlich:                               Ja, dann könnte ich ihm auch noch einen Steinmergel aus Mühlacker-Sengach zeigen. Einen Ackerstein!

Dieser Steinmergel ist äußerlich hellgrau und löchrig. Die Löcher sind winzig. Einige grö-ßere haben einen Durchmesser von 5 mm, die meisten bleiben aber bei 1 mm und darunter. Die Form des Lochs ist unregel-mäßig, oft gezackt, selten rund. Das löchrige Gestein ist innen dunkel, außen durch die Sonne ausgebleicht. Und es ist verkieselt. In den Löchern stecken reichlich Kalkreste. Sie reagieren heftiger auf Salzsäure als die Steinmergel-Grundmasse, die außer Kalk auch säureunempfindlichen Ton und Quarz enthält. 

Die Löcher sind überall auf dem Gestein und auch im Gestein, was beim Zerschlagen zu sehen ist. Das Innere des Steinmergels ist dunkelgrau bis schwarz.

Was färbt das Gestein so dunkel? Pyrit und Bitumen wie beim Muschelkalk? Bitumen wohl weniger, denn der Steinmergel stinkt nicht, wenn man ihn feilt oder raspelt, der Muschelkalk schon. Der Steinmergel enthält als mergeliges Gestein Kalk und Ton, eher weichere Bestandteile. Das Gestein ist aber auffällig hart. Ein Hammerschlag reicht oft nicht aus, um es zu zerschlagen. Das weist auf eine Verkieselung hin.

 

Auf Salzsäure reagiert die Steinoberfläche verhalten. Es bilden sich nur kleine Gas-blasen. Nur über den Löchern entstehen

deutlich größere Gasblasen. In den Löchern kleben häufig Kalkreste. Sie reagieren leb-haft auf die Säure und gar nicht so selten geysirartig! Das Reaktionsgemisch kocht blasig hoch. Zuerst bilden sich kleine Blasen, die dann zu einer großen Blase werden. Die große Blase platzt, und die Löcher sind wieder zu sehen. Aber sofort bilden sich wieder Bläschen, die zu einer großen Blase werden. Sie platzt, und wieder kocht es unter Bildung von Bläschen hoch...

Wäre das kleine O geblieben, hätten wir uns mit Tonsteinen und Steinmergeln im Wasser-bad beschäftigen können. Manche Tonsteine sind auf den ersten Blick Steinmergeln sehr ähnlich.

Ein grüner und ein graugrüner Tonstein liegen auf einem Marmeladenglasdeckel. Wasser wird auf den Deckel gegossen. Ohne großes Zutun zerfallen beide in viele kleine Stücke, was eben für den Tonstein typisch ist.

Nicht alle Tonsteine zerfallen bei Wasser-berührung kugeschalig. Hier ist es der Fall. Das sieht in der Vergößerung doch ganz interessant aus.

Diese Steinmergel haben keine Löcher. Aber sie haben ein bisschen Farbe. Metallverbin-dungen verursachen dunkelbraune und gelbe Flecken.

Ein grünlicher Tonstein und ein hellgraues Stück Steinmergel bekommen auf dem Deckel ein Wasserbad.

Der Tonstein zerfällt innerhalb weniger Minuten. Beim Steinmergel passiert nichts.

Kommen die beiden mit Salzsäure in Berührung gibt es eine andere Reaktion als beim Wasser. Der Steinmergel links reagiert deutlich aufschäumend mit der Säure. Der Kalkanteil im Gestein muss hoch sein.

 

Der Tonstein rechts reagiert auch, allerdings sehr zurückhaltend. Zunächst passiert nichts, aber dann kommt langsam Bewegung in die Oberfläche. Kleine, hauchdünne Oberflächenteile heben und senken sich, manche werden dabei verschoben und schräg gestellt. Im Tonstein sind in gerin-gem Maße Kalkteilchen. Sie reagieren auf die Säure mit kaum sichtbaren Gasbläschen, die Teile der Gesteinsoberfläche hochdrücken.

Dieser besonders harte Dolomitstein stammt aus einer ockerfarben, gelbfleckig verwit-ternden  Dolomitsteinbank im Unteren Keuper. Sie quert den Auweg in Bauschlott. Die Dolomitsteinbank zerfällt in eben-plattige, senkrecht geklüftete Brocken mit ziemlich glatten Flächen. Auf den Flächen sind die ovalen, oft sehr tiefen Löcher nicht zu übersehen. Es sind Calcit-Drusen. Oben links ist das dunkle Loch der Druse mit einer dünnen hellen Schicht Calcitkristalle ausge-kleidet. Unten, beim roten Pfeil, enthält der Drusenhohlraum etwas mehr Calcit. Manche der ovalen Löcher sind vollständig mit Calcit-kristallen ausgefüllt.

Das hier ist ein dolomitischer Mergelstein aus dem Unteren Keuper mit zahlreichen Kalkspatleisten, die flaserig den Stein durchziehen. Manche Leisten sind drusig ausgebildet. Solche Fundstücke gibt es am Auweg in Bauschlott.

Am Rande der Feldwege im Bereich der Äcker, die südlich von Mühlacker-Sengach liegen, mag man hier und dort einen un-scheinbaren gelbbraunen Ackerstein ent-decken, der ein auffällig weißes Innenleben hat. Das Weiße zeigt sich immer irgendwo am Stein, wenn man ihn in die Hand nimmt.

Der Gipskeupermergelstein sieht von der einen Seite so aus, und...

...unterm Hammer zerschlagen, von der anderen Seite dann so!

Die helle Gesteinsmasse zeigt bei genauem Hinsehen weiße Flächen und hellgraue Flächen.

Sowohl die weißen als auch die hellgrauen Flächen glitzern im Licht. Bei den weißen Flächen lassen sich keine Formen erkennen. Die hellgrauen Flecken könnte man als Kristalle deuten. Es sieht so aus, als seien hellgraue Kristalle in der weißen Fläche eingebettet. Die wenigen gelben Flecken sind Verunreinigungen durch Limonit.

Unter UV-Licht leuchten die weißen Flächen gelblich auf. Wird das UV-Licht abgeschaltet, leuchten sie nach: Sie phosphorisieren. Die hellgrauen Flächen zeigen keine Phosphores-zenz oder Fluoreszenz. Sie werden allenfalls dunkler oder bläulich im Grau.

Hier werden ein Stück kristallisierter Calcit aus dem Muschelkalk, links, und ein form-loser Quarzkristallsplitter eines Bergkristalls, rechts, mit einer UV-Lampe bestrahlt. Der Calcit leuchtet hell auf. Das Leuchten lässt langsam nach, wenn die UV-Lampe ausge-macht wird: Der Calcit phosphorisiert. Der Quarz dagegen reflektiert ein bisschen das bläuliche UV-Licht, reagiert ansonsten aber nicht. 

Bei den Keupergesteinen ist es nicht unge-wöhnlich, das ihre tonig-kalkige Grundmasse verkieselt ist, eben Quarz enthält. Bei die-sem Gipskeupermergelstein ist der Quarz aber nicht fein verteilt, sondern mit deut-lichen Kristallen im Gestein zu sehen.

Ein helles Stück aus dem Inneren des Gips-keupermergelsteins liegt auf dem Boden eines Marmeladenglases. Mit diesem Stein-stück kann man das Glas zerkratzen. Der Pfeil zeigt auf die Kratzer. Quarz mit der Mohshärte 7 kann Glas zerkratzen. Der Calcit mit der Mohshärte 3 kann es nicht. Das Mineral ist zu weich. Die Kratzer sind das Werk der kleinen Quarzkristalle im Gestein.

Andererseits reagiert die helle Gesteins-masse mit einem Schaumteppich, wenn man Salzsäure aufträufelt. Der rote Pfeil zeigt darauf. Calcit reagiert auf Säure, Quarz nicht. Es ist Calcit im Gestein.

Das Äußere des Gipskeupermergelsteins reagiert deutlich stärker aufschäumend bei Salzsäure als das Innere des Gesteins.

Die etwas dunkleren Quarzkristalle liegen eckig und unregelmäßig geformt im Calcit. Man könnte diesen Gipskeupermergelstein als Quarzbreccie bezeichnen.

Ein solcher Gipskeupermergelstein ist ein häufiger Fund im unteren Mittleren Keuper, in der Grabfeld-Formation. Das mergelige Gestein wird von Kalkadern durchzogen. Es ist vielschichtig und flach, manchmal ocker-farben, manchmal grünlich, manchmal nur grau. Die Handstücke sehen ausgelaugt aus, in sich zusammengefallen, schlackeartig, dünnschichtig und angefressen.

Das ist ein Weinbergstein aus den mittleren Lagen im Mittleren Keuper. Der rotbraune Tonstein ist von glitzernden Kalkspatkristal-len durchsetzt. Er stammt vom Schützinger Gausberg.

Dieser hellgraue Mergelstein ist mit Calcit-adern durchsetzt und stammt aus dem Unte-ren Keuper bei Mühlacker-Großglattbach.

Viele Keupergesteine entstanden im Über-gangsbereich von Land zu Meer. Flüsse lagerten in ihren Mündungsgebieten Sand und Schlamm ab. Es konnten sandige und tonige Gesteine entstehen.

In küstennahen Seen und Tümpeln, in Sumpf- und Wattgebieten entstanden Ablagerungen, aus denen auch, aber ganz andere Keupergesteine wurden.

Im Laufe der langen Zeiträume hob und senkte sich der Meeresspiegel. Hob er sich, wurden größere Flächen mit Meerwasser bedeckt. Es kam zu Kalkablagerungen. Die Kalkgehäuse von verendeten Meerestieren sanken in den Kalkschlamm am Meeres-boden. Ein kalkhaltiges Keupergestein mit fossilen Tiergehäusen konnte entstehen.  

Da die Meeresbedeckung, in geologischen Zeiträumen gesehen, nicht lange andauerte,  und die Wasserbedeckung nur wenige Meter betrug, entstand eine nur bescheiden mächtige Kalksteinbank mit fossilen Schalen und Gehäusen von sehr kleinen Muscheln und Schnecken.

Dieses Schneckenhaus ist nur zwei Milli-meter groß! Das Tier baute sich sein Gehäuse aus reinem Calciumcarbonat, das die weiße Farbe bewirkt. Das Gestein, in das es eingebettet ist, ist deutlich dunkler. Es enthält außer Kalk auch Ton, sicher auch Eisen, vielleicht Magnesium. Es ist kein reines Kalkgestein. Und das Besondere daran

und darin sind die weißen Fossilspuren.  Beim ersten Blick nur ein heller Fleck! Beim zweiten Blick die winzige Spirale eines Schneckenhauses. Es hat einen Durchmesser von gerade mal fünf Millimetern.

Irgendwann hat Resi dann auch genug, über sich und seine keuperlichen Mitgesteine nachzu-denken. Von jetzt auf gleich beschließt er, aufs Gähnen zu verzichten, denn ständiges Gähnen ist auf die Dauer auch ermündend. Er gähnt kein letztes Mal, und schon verwandelt er sich zurück in seine ursprüngliche Steingestalt. Er erstarrt zum Gipsresiduum. Ein Weilchen kann er sich jetzt genüsslich ausruhen. Das Gefühl des müden Ausgelaugtseins wird demnächst wieder über ihn kommen. Im Augenblick aber noch nicht!

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