Keupergestein 4
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Das kleine O schaut sich die bunte Fülle an Keupergesteinen an und denkt: Das wäre was, wenn ich selber etwas Farbe hätte! Würde mir gefallen. Nur Druckerschwärze - eigent-lich steht mir mehr zu, das ist sicher! Ich fühle es tief in mir, irgendwie bin ich eine zu farblose Erscheinung...
Ein ganzes Weilchen träumt das kleine O davon, hübsch bunt zu sein. Es stellt sich sein O in verschiedenen Farben vor und merkt plötzlich, dass es sich nicht für eine bestimmte Farbe entscheiden könnte. Es murmelt vor sich hin: Schluss jetzt, meine Druckerschwärze ist gar nicht so schlecht! Welcher Präsident fährt schon in einer himmelblauen Limousine vor, und welche Frau hat für den festlichen Anlass das Kleine Gelbe im Schrank? Schwarz ist gut für mich, und bunt ist gut für das Keupergestein. Ach, ja, das mit der Formation...
Das kleine O wendet sich Resi zu, Resi, dem Gipsresiduum aus dem Bunten oder Mittleren Keuper: Du, Resi, das mit der "Formation", also, was ich meine, die oberen drei Reihen mit Keupergesteinen, ist das auch eine Formation, die hier dann sozusagen den Oberen Keuper beschreibt?
Resi will antworten, aber er kann nicht, er muss gähnen. Er reißt den Mund scheunentorweit auf, die Augen werden zum Spalt und das Gähnge-räusch ist laut und lang. Das kleine O schaut mit großen Augen zu. Einen solchen Gähner hat es bei Resi noch nie gesehen und gehört! Schließlich ist auch der letzte Schnapper vorbei. Resi sieht sehr erfrischt aus und sagt:
In Pforzheim und im Enzkreis gibt es keine Gesteine aus dem Oberen Keuper. Deshalb liegt nichts davon auf dem Tisch. Die drei, vier Reihen ganz oben gehören zum Mittle-ren Keuper. So wie ich!
Im Vergleich zum Unteren Keuper gibt es im Mittleren Keuper deutlich mehr Gesteins-horizonte und dazu noch mächtige Sand-steinbänke. Das führt zwangsläufig zu mehr Bezeichnungen oder Formationsnamen im Mittleren Keuper. Ein paar wichtige sind die Stuttgart-, die Steigerwald-, die Mainhardt- und die Löwenstein-Formation.
Und nicht zu vergessen, deine eigene, die Grabfeld-Formation, sicher die wichtigste und die bedeutendste und die interessan-teste und natürlich die bunteste Formation!
Natürlich, Kleiner, was hast du gedacht?
Das kleine O grinst in sich hinein. Laut sagt es: Von besonderer Bedeutung ist wohl die Stuttgart-Formation, denn sie ist auf dem Tisch mit vielen Beispielsteinen vertreten. Oder irre ich mich da?
Stimmt, Kleiner. Zur Stuttgart-Formation gehört ein guter Baustein für Häuser oder Weinbergmauern. Er ist für Bildhauerar-beiten sehr gut geeignet. Er heißt Schilf-sandstein und ist ein Teil der Schilfsand-stein-Schichten oder eben der Stuttgart-
Formation. Auf dem Tisch liegen in der Tat recht viele Schilfsandstein-Handstücke.
Der Schilfsandstein ist leicht zu bearbeiten. Bei vielen Häusern in Pforzheim, bei denen Buntsandstein als Mauerwerk verwendet wurde, sind die Tür- und Fensteröffnungen mit Schilfsandstein eingefasst und so ver-schönert. Das lässt sich am Strietweg, an der Wurmberger Straße, in der Klingstraße oder in der Oststadt beobachten.
Wenn Bildhauer und Fassadengestalter gern mit diesem Schilfsandstein arbeiten, wird er wohl nicht zu hart sein. Ich denke mal, die Sandkörner sind tonig gebunden, und sie sind klein. Und ab und zu ist fossiles Schilf drin zu sehen, oder?
Es gibt fossile Pflanzenspuren, aber Schilf ist nicht dabei. Da hat man sich einst bei der Namensgebung geirrt. Aber der Schilfsand-stein ist feinkörnig und hat Ton als Binde-mittel. Die roten Striche sind Strömungs-rippel, an denen sich eine färbende Eisen-verbindung abgesetzt hat. Sie hebt die Rippellinien rötlich-violett hervor.
Den Schilfsandstein kann der Maurer mit dem Lager oder gegen das Lager in der Mauer einbauen. Mit dem Lager bedeutet: mit der ursprünglichen Ablagerungsfläche eingebaut. Dann sind die Wellenrippel zu sehen.
Sind sie nicht zu sehen, verwittert die Mauer schneller?
Ja, Kleiner, der Schilfsandstein ist anfälliger, wenn er ohne besondere Behandlung gegen das Lager in eine Mauer eingefügt wird.
Woher kommt der Schilfsandstein auf dem Tisch?
Den rötliche Schilfsandstein gibt es überall entlang der Wege, die an den stillgelegten Steinbrüchen von Schmie entlangführen. Die aufgelassenen Steinbrüche besucht man lieber nicht. Der Schilfsandstein liegt nicht nur friedlich am Boden, er fällt auch gern mal an einer Wand von oben nach unten.
Auf dem Eichelberg von Ölbronn findet man diesen rötlichen Schilfsandstein auch, aber es gibt dort auch einen hellen, ockerfar-benen. Hier ist er von oben, mit dem Lager, aufgenommen.
Hier ist er von der Seite, gegen das Lager, aufgenommen. Mehrere Ablagerungs-schichten sind erkennbar.
Und hier ist der Ölbronner Schilfsandstein mit und gegen das Lager gegenübergestellt.
Zur Stuttgart-Formation gehört auch eine Schilfsandsteinlage, die eben-plattig, schiefrig und glimmerreich ausgebildet ist. Diese dünnen Schilfsandsteinplatten sind ebenfalls auf dem Eichelberg in Ölbronn zu finden. Oben links sind silbrig glänzende Glimmerpünktchen zu sehen.
Damit kann man wohl kein Haus bauen!
Die färbende Eisenverbindung hat mit 6-6,5 eine geringere Mohshärte als das Sandkorn aus Quarz mit 7,0. Entlang der Wellenrippel ist der Stubensandstein weniger wider-standsfähiger gegen die Verwitterung. Häufig kann man eine Kreuzschichtung sehen.
Wenn Schilfsandsteinbrüche in der Nähe waren, wurde der Sandstein gerne für Weinbergmauern verwendet. Rechts und links im Bild werden die Wellenrippel auf den Mauersteinen neben der Treppe stark ver-größert gezeigt.
Sind die nächsten beiden Formationen auch so interessant?
Du meinst die Steigerwald- und die Main-hardt-Formation über dem Schilfsandstein?
Ja, da steht Bunte Mergel dabei.
Die beiden Formationen stehen für eine fast endlose Folge von Tonsteinlagen mit dem typischen Kipper-Keuper-Tonstein. Von dem habe ich dir ja schon erzählt, Kleiner. An Hängen, an Böschungen, in den Weinbergen verwittert er blättrig-bröselig in großen Mengen und bunten Farben, wobei Rotbraun und Grüngrau die dominierenden Farben sind. Der Tonstein verwittert leicht und schnell. Führen Wege durch diese Tonstein-lagen, werden sie in der Regel tief ausge-waschen und zu Hohlwegen. Steilere Hänge bleiben pflanzenfrei. Auf dem zerfallenden Untergrund können sich keine Wurzeln halten.
Kommt der Tonstein mit Wasser in Berührung, zerfällt er von ganz allein und gibt dabei ein knisterndes Geräusch von sich.
Das Knistern würde ich gern mal hören!
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(Mehr dazu unter Wanderungen: "Im Lienzinger Weinberg - Gestein und Geschmack".) Und:
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