Märchen im Museum - Kapitel 82 - 89

Das 82. Kapitel: Die Pforzheimer Stinkquarze suchen einen neuen Startplatz fürs Synchronschweben

Die beiden Wandvitrinen, rechts vom Feuerlöscher, mit den Griechen

Seit einigen Mitternächten schon diskutierten die Pforzheime Stinkquarze. Es war Gerüchel, der als Erster seine Unzufriedenheit äußerte. Der Startplatz! Der Startplatz für das Synchronschweben war nicht ideal. Kaum hatte man nach dem Start die bestmögliche Schwebhöhe erreicht, ging es gleich um die Kurve hinein in den Rheinland-Pfalz-Raum. Die Startphase sollte irgendwie länger sein. Eine kleine Gruppe wurde gewählt, sich in den kommenden Nächten darum zu kümmern.

Vier Stinkquarze machen sich über einen neuen Startplatz vor den griechischen Vitrinen Gedanken.

Ein paar Nächte später machte sich eine Gruppe von vier Stinkquarzen auf, um einen besseren Startplatz zu suchen. "Wir verlegen den Startplatz einfach vor die griechischen Vitrinen, weg vom Bergkristall!", meinte Stankerl. "Ob das dem Bergkristall wohl egal ist?", fragte einer, und ein anderer schlug vor, den Bergkristall gleich zu informieren. "Eitelos Kristallos hat sicher nichts dagegen, wenn er nur noch das Ziel ist", meinte Stankerl. 

Ein paar Griechen spitzten die Ohren. Sie hörten, was die vier besprachen. Im Nu waren alle in den beiden Vitrinen informiert: "Der Startplatz wird verlegt! Direkt vor unsere Vitrinen! Da sind wir bei den Wettkämpfen in der ersten Reihe. Toll!"

Das 83. Kapitel: Der Herr Bergkristall wird informiert

Eilelos Kristallos schaut den vier Stinkquarzen erwartungsvoll entgegen.

Mit Stankerl an der Spitze schwebten die vier die paar Meter zurück zum Bergkristall. Er schaute ihnen erwartungvoll entgegen. Seinen Spiegel hatte er noch nicht aus der schwarzen Box geholt. Nach einem kurzen gegenseitigen "Hallo" kamen die vier gleich zur Sache.

"Also, warum wir bei dir vorbeikommen...", fing Stankerl an und erklärte Eitelos, was sie vorhatten und warum. Schnell wurde den vier Stinkquarzen klar, was der Bergkristall davon hielt. Denn seine Miene verfinsterte sich zusehens. "Das könnt ihr nicht machen!", protestierte er. "Das geht gar nicht! Wo das Ziel ist, muss auch der Start sein! Und dann noch rüber zu den Griechen!" 

Eitelos Kristallos ist nicht begeistert!

Die vier waren unangenehm berührt. Damit hatten sie nicht gerechnet. Aber dann dämmerte es ihnen: Eitelos Kristallos fühlte sich in seiner Eitelkeit verletzt. Nur noch das Ziel! Nicht mehr Ziel und Start! Und die Griechen mochte er wohl nicht so. Schließlich sagte Eitelos sehr bestimmt:"Wo das Ziel ist, da muss auch der Start sein!" Die Stinkquarze waren verunsichert. Hatte er Recht? Aber der Start bei ihm war nun mal ungünstig. 

Das 84. Kapitel: Old Gully 

 

Die vier Stinkquarze spürten den Widerstand und gaben auf. Sie verabschiedeten sich hastig, und Stankerl murmelte noch ein "Mal sehen..."

Kaum waren sie außer Hörweite, meinte Riechlinde:"Das wird schwierig. Da brauchen wir Old Gully."

Old Gully vor und nach Mitternacht

Old Gully ist ein hochgeschätzes Mitglied der Pforzheimer Stinkquarz-Gemeinde.  In früheren Jahren war er selber aktiv beim Synchronschweben gewesen. Als Kapitän führte er oft monatelang seine Mannschaft von Sieg zu Sieg. Heute ist er eine lebende Legende. Der "King of Synchro"! Er hatte vor Jahren den Schluckauf in den Wettkampf eingeführt, heute jedem als der "Gully-Trick" bekannt und oft eingesetzt. Er hatte sogar ein Buch darüber geschrieben, mit dem Titel "Der kollektive Schluckauf als systemimmanentes Element des Synchronschwebens". Es wurde schon ein Jahr später ins Englische übersetzt, kurz und treffend mit "Winning by hiccuping".

Das 85. Kapitel: Old Gully nimmt sich in aller Ruhe der Sache an

 

Nachdem die vier Old Gully informiert hatten, sagte er gleich zu, mit seinem alten Kumpel Eitelos Kristallos zu reden. In der folgenden Mitternacht machte er sich auf den Weg - per Kuli. Old Gully besaß einen wunderschönen Kugelschreiber in Weiß und Rot mit den Initialen "PG" = "Pforzheimer Guli", "Guli" = "Gully" + "Kuli". Er stellte sich auf seinen "PG" und schwebte los, wie immer kraftvoll und elegant. Unter den Pforzheimer Stinkquarzen gab es nur ganz wenige, die einen Kugelschreiber so perfekt alleine beherrschten.

Old Gully nahm sich etwas Zeit und gönnte sich einen kleinen Umweg durch den Schwarzwaldraum. Als Pforzheimer liebte er den Schwarzwald. Sein Schwebweg führte ihn bei Glasenia Glatzkopf vorbei. Mit großen Augen schaute sie auf den edlen Kugelschreiber. Wahnsinn! Der sah aber nun wirklich lecker aus. Die kuli-fizierte Haarförderung!

Das 86. Kapitel: Old Gully weiß mehr als der normale Spiegelgucker

 

Für das weitere Geschehen ist es nötig, kurz über die Aufgabe eines Spiegels nachzudenken. Wir schauen in den Spiegel und sehen ein Spiegelbild. Das soll der Spiegel liefern, und meistens tut er es auch. Es sei denn, der Spiegel ist blind. Dann sieht er uns nicht. Aber hier:

Ein Mineral, wie hier Milch Quarz, schwebt vor dem Spiegel. Er sieht sein Spiegelbild und denkt:"Ich bin zu dick!"

Eine Mineralin, wie hier Carla Calcit, schwebt vor dem Spiegel. Sie sieht ihr Spiegelbild und denkt:"Der Spiegel macht dick!"

Bei den Amethysten bog Old Gully um die Ecke. Jetzt war er auf der langen geraden Strecke hin zum Bergkristall. Dabei fiel ihm der Spiegel ein. Der Spiegel von seinem Kumpel Eitelos. Den Spiegel würde Old Gully gern einmal ausprobieren. Denn dieser Spiegel konnte mehr als jeder andere Spiegel in der Mineralienwelt. Davon waren alle im Museum überzeugt. Dieser Spiegel lieferte nie ein nur zufälliges Spiegelbild. Bei ihm konnte man sich ein Spiegelbild wünschen. Es war nur schwierig, an den Spiegel heranzukommen. Meistens schwebte Eitelos davor, oder der Spiegel war in der schwarzen Box, wenn Eitelos unterwegs war.

Das 87. Kapitel: Streit und Diskussion vor den griechischen Vitrinen

 

Old Gully näherte sich Eitelos´Vitrine. Da sah er auch schon Eitelos, nur nicht in der Vitrine, sondern vor den griechischen Vitrinen. Dort schwebte er hektisch auf und ab, hin und her, wild mit den Armen und Händen gestikulierend. Gerade sah es aus, als wolle er jemanden mit den bloßen Händen packen! Old Gully überlegte, ob er sich da einmischen soll. Aber für wen würde er Partei ergeifen? Plötzlich sah er den Spiegel! Eitelos´Spiegel, allein und verlassen! Das war die Chance, den Spiegel auszuprobieren! 

Eitelos diskutiert und streitet mit den Griechen, weil die Stinkquarze ihren Startplatz verlegen wollen. Den Griechen würde es gefallen!

Das 88. Kapitel: Old Gully nützt die Gunst der Stunde

 

Während Eitelos Kristallos erregt mit den Griechen diskutierte und ihm den Rücken zukehrte, näherte sich Old Gully dem Spiegel. Ohne zu zögern, schwebte er direkt vor ihn hin und dachte: "Mal sehen, ob das mit einem anderen, mit einem schöneren Spiegelbild klappt."

Das Spiegelbild zeigt 10 Veränderungen. Welche? Ein Klick vergrößert das Bild!

Old Gully schaute dem Spiegel tief in die Spiegelfläche und sagte :

Spieglein, Spieglein, an der Wand!

Wer ist der Schönste hier im ......?

 

Das letzte Wort war nicht zu verstehen. Immer wieder wurden die Stimmen vor den griechischen Vitrinen so laut, dass der Lärm alles übertönte.  Der geneigte Leser wird wohl die fehlenden Wörter selber finden müssen.

(Die fehlenden Reime stehen am Ende des Kapitels!)

 

Der Spiegel antwortete:

Mein lieber Gully, der Schönste hier, nicht überall,

das ist mein Chef, der Berg......

 

Old Gully: 

Ach ja? Übrigens, ich weiß um deine Kraft,

die schöne Spiegelbilder ........

 

Der Spiegel:

Da ich als Spiegel spiegeln kann,

gibt´s ein Bild für jeder....

 

Mein lieber Spiegel, bitte keinen Eiertanz!

Es wär zum Weinen! Sag einfach ja! Jawohl, ich .....

 

Mein lieber Gully, auch wenn du weinst,

mir ist nicht klar, was du da .......

 

Was ich meine? Oh doch, mein lieber Spiegel:

Egal, ob in der Mitte, an den Rändern,

du kannst ein Spiegelbild ver......

 

Na ja, ich sehe schon, du weißt Bescheid.

Für dein Spiegelbild steh´ ich ........

Ich wünsche mir ein Spiegelbild,

das meinen Wunsch nach Schönheit .....

 

Dein Bart, so zauselig bewegt,

erscheint dir jetzt adrett ......

 

Meine Augenbrauen, schön geschwungen,

sind dir wirklich gut .....

 

Dein Nasenbild, genieß´es stumm!

Die Nase ist doch ziemlich ....

 

Na denn, ich genieße sie in aller Stille

durch dünnes Glas in meiner ....

 

Richtig! Du siehst ja alles ganz genau.

Und schau! Die Augen sind jetzt nicht mehr .....

 

Und mein Mund hat weiße Zähne,

so dass ich nicht mehr zahnlos ....

Ja, Zähne hat das Spiegelbild erhalten,

vernichtet wurden Augen....

 

Stimmt, Falten könnte man sich sparen,

im Gegensatz zu meinen .....

Unter Prismenflächen sprießen sie hervor,

ergänzt mit einem tief gelegten ....

 

Sehr nett! Ein Dank für dein Bemühn,

auch für die Prismenfläche leicht im ....

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Old Gully ist entzückt.

Der Spiegel hat ihn hoch beglückt.

 

Den Spiegel freut´s. Er freut sich sehr.

Nur mit dem Gullyduft tut er sich schwer.

 

Ein Stinkquarz ist gewiss sympathisch,

allerdings auch aromatisch.

 

Und darum dauerhaft,

weil sonst die Sympathie erschlafft,

nur mit Nasenklammer zu ertragen.

 

Ist die Spiegelfläche gar beschlagen?

Mit einem Hauch von Gully sozusagen?

Die fehlenden Reime: Land, Bergkristall, schafft, jedermann, kann´s, meinst, verändern, bereit, stillt, gepflegt, gelungen, krumm, Brille, blau, gähne, Augenfalten, Haaren, Ohr, Grün.

Der Bergkristall im Museum ist erheblich größer als ein Pforzheimer Stinkquarz. Old Gully schwebt vor Eitelos´ Augen.

Das 89. Kapitel: Old Gully kann seinen Kumpel überzeugen

 

Old Gully hatte sich gerade beim Spiegel bedankt, als er bemerkte, dass Eitelos Kristallos zurückkam. Rot im Gesicht, finstere Miene - sein Auftritt bei den Griechen musste ihn ziemlich erregt haben. Seine Gesichtszüge entspannten sich aber deutlich, als er seinen geliebten Spiegel sah und dann Old Gully. Old Gully hatte er zunächst übersehen. Die Pforzheimer Stinkquarze sind ja doch sehr klein. 

Was immer die Pforzheimer Stinkquarze vorhatten, seinen alten Kumpel Old Gully traf er gern. Sie kannten sich seit den Tagen, als das Museum noch in Dillweißenstein war. Manch lustige Erinnerung verband sie. Zwei Quarze, die nicht unterschiedlicher sein konnten. Eitelos Kristallos groß und schön und hell und durchsichtig, Old Gully winzig klein und graubraun und dunkel und fast opak. Ja, fast opak, vor lauter Verunreinigungen im Kristallkörper kaum durchsichtig. Ein bisschen durchscheinend vielleicht. Und beide hatten sie einen kleinen Makel:

 

Der große Bergkristall war schon immer etwas eitel. 

Der kleine Stinkquarz müffelte von den Füßen bis zum Scheitel. 

Bis kurz vor 1 Uhr redeten die beiden miteinander. Old Gully erinnerte immer wieder an die alten Zeiten in Dillweißenstein, was in Eitelos´Gesicht zuerst ein Grinsen und dann ein Lachen zauberte. Und so allmählich wurde er milder gestimmt und zugänglicher für Old Gullys Argumente. Schließlich stimmte er dem neuen Startplatz zu. Denn erstens sah er ein, dass seine Eitelkeit und sein Beharren vielen den Spaß verdarb. Sein Standplatz war als Startpunkt wirklich nicht so geeignet. Und zweitens wollte er seinem alten Kumpel keine Bitte abschlagen. Außerdem konnte drittens das Startsignal nach wie vor von seiner Vitrine aus gegeben werden. So groß war die Entfernung gar nicht. - Kurz vor 1 Uhr schwebte Old Gully zufrieden zurück.

Old Gully lenkt Eitelos ab, indem er von alten Zeiten erzählt.