Märchen im Museum - Kapitel 65 - 75 mit dem Mineral Calcit

Das 65. Kapitel: Ein Fleck auf Calcitdruses Nase

Jetzt war es ihr doch passiert! Das hätte sie nie für möglich gehalten. Wo sie immer so vorsichtig war. Aber zu viele Mineralien waren so rücksichtslos. Und jetzt hatte sie diesen kleinen dunklen Fleck auf der Nase. "Ob der wieder weggeht?", fragte sich Calcitdruse besorgt. "Wahrscheinlich nicht", dachte sie, "die Zitronensäure ist einfach zu aggressiv. Ich hasse Zitronen! Und wie ich sie hasse!" 

Calcitdruse fixierte beide Augen auf den dunklen Fleck auf ihrer Nase. Sie konnte ihn bei dieser Lage nur undeutlich sehen. Aber er war da. Und würde bleiben. Gewiss, er war nicht zu auffällig. Außerdem hatte sie sowieso tausende von Flecken. Das war aber nicht der Punkt. Dieser Fleck wurde ihr gegen ihren Willen zugefügt. Und das ärgerte sie. Ein Fleck zu viel, ist eben ein Fleck zu viel!

Calcitdruse war Opfer einer Zitronensäurespritzerei geworden. Da war keine Absicht im Spiel gewesen, nur Gedankenlosigkeit. Ein paar junge Rosenquarze hatten sich eine Zitrone ausgedrückt. Calcitdruse stand zufällig in der Nähe. Es spritzte, und ein Spritzer verewigte sich auf ihrer Nase. Sie schimpfte mit den Quarzen, aber die Rosenquarze schauten sie nur verständnislos an. Machte doch jeder in diesen Nächten etwas mit Zitronen. 

Das 66. Kapitel: Zitronen, Zitronen, Zitronen

 

In der Tat man konnte den Eindruck haben, jeder machte in diesen Nächten etwas mit Zitronen. Zitronen waren der große Renner. Überall im Bergwerksmodell wurden sie angeboten. Überall waren sie zu haben. Niemand wusste genau, wer den Hype in Gang gesetzt hatte. Das Gerücht machte die Runde, die Citrine, die Zitronenquarze,  seien die Ersten gewesen. Jedenfalls wurden überall Zitronen ausgepresst und der Saft unverdünnt getrunken. Oder er wurde allen möglichen Getränken beigegeben. 

Manche Minerale bissen mit Genuss in die Zitrone wie in einen Apfel. Andere schnitten sich kleine Würfel, um die dann zu lutschen. Die Quarze verfeinerten mit Zitronensäure ihr heiß geliebtes Schraubenwasser. Die Amethyste tranken Sekt-Zitrone. Dabei ging es allen gar nicht so sehr um den Geschmack! Es hatte sich nämlich herumgesprochen, dass die Zitronensäure bei vielen Mineralien den Glanz erhöhte und die Farben leuchtender machte. 

Die Zitronensäure bewirkte offensichtlich mehr Glanz und schönere Farben. Doppelter Glanz und doppelte Leuchtkraft wurde Zitronen von der Balearen-Insel Mallorca zugeschrieben. Das versprach jedenfall die Werbung: 

Glanz und Leuchtkraft schon seit Jahren

durch Zitronensaft der Balearen

 

Für Calcitdruse der reine Hohn. Zitronensäure bedeutete für sie in großen Mengen höchste Gefahr, ja Lebensgefahr, bei kleinen Spritzern zumindest unschöne Flecken. Von wegen Glanz und schöne Farben! Nicht für sie! Nicht für einen Calcit! 

 

Was nützen Glanz und schöne Farben,

wenn Flecken dir den Teint verdarben?

 

Calcitdruse ärgerte sich.

Und sie war zutiefst besorgt. "Wenn das mit den Zitronen so weitergeht, ist die ganze Calcit-Familie aufs höchste gefährdet. Wir müssen uns wehren!" Das ging ihr durch den Kopf, als sie sich um 1 Uhr zurückverwandelte.

So sieht der Besucher tagsüber Calcitdruse in der Vitrine Nr. 7 des Museums. Sie stammt nebenbei bemerkt aus dem Gipskeupermergel von Illingen im Enzkreis.

Das 67. Kapitel: Der mit der Säure tanzt

 

Die nächste Mitternacht kam. Calcitdruse beschloss, andere Calcite in der Vitrine anzusprechen. Sie wollte ihnen von ihrer großen Sorge erzählen. Und von dem Fleck. Kaum hatte sie die ersten Sätze gesagt, als sie merkte, dass die anderen Calcite auch höchst besorgt waren. Nur hatte bis jetzt niemand etwas laut und deutlich gesagt. So mancher hatte nämlich Angst vor dem Unverständnis, gar dem Spott der säurefesten Minerale. Davon gab es viele, und deren Liebe zur Zitrone war riesengroß und ihr Verständnis für die Calcite winzig klein.

Was sollten die Calcite machen? Wie könnten sie sich wehren? Vielleicht auch Verständnis wecken! Jeder fing mit jedem an zu diskutieren. Mitten in das Stimmengewirr hinein erklang plötzlich eine sonore Stimme: "Calcite, hört mir zu! Bitte!" Alle verstummten und drehten sich nach der Stimme um. Sie gehörte einem Blumenkohl-Calcit, den noch nie jemand gesehen hatte. Er schwebte näher und schaute alle mit klugem Blick so von der Seite an. Dann sagte er: "Da gibt es doch einen Film, der vor den Gefahren einer Säure warnt. Den müssten wir den anderen Mineralien zeigen." Dann schaute er einen Calcit namens Spaltrhombo an und meinte: "Hat nicht dein Bruder den Film gedreht? Hast du nicht eine Kopie davon?"

Spaltrhombo, der aus einem Steinbruch in Steinperf bei Marburg stammte, erinnerte sich gut, wie sein Bruder Rhombo Eder den Film drehte. Was für eine verrückte Idee damals. Aber er wollte helfen. "Natürlich habe ich eine Kopie des Films", sagte er zum Blumenkohlcalcit, "den Film können wir gleich morgen Nacht zeigen." Dann schaute er ein bisschen traurig drein, denn Hammerjäger hatten seinen Bruder schon vor Monaten aus der Vitrine geholt. Spaltrhombo hatte keine Ahnung, wo er war. Spaltrhombo und Rhombo Eder sahen sich sehr ähnlich, fast wie Zwillinge. Das Einzige, was sie wirklich unterschied, war ihre Hautfarbe. 

Der Film müsste doch die anderen Mineralien überzeugen! Der Filmtitel lautete "Der mit der Säure tanzt". Er wurde ab und zu den ganz jungen Calciten gezeigt. Vor einem Jahr zur Warnung im Rahmen der Themenwoche

 

"Messer, Gabel, Säure, Licht, sind für Kleincalcite nicht!" 

Der Film zeigt in eindrücklichen Szenen, wie Rombo Eder sich in einem Selbstversuch mit Zitronensäure betröpfeln lässt und wie er darauf reagiert. 

Damit alles gut zu sehen ist, legt er sich auf schwarzes Papier. Eine Zitrone wird über ihm ausgedrückt. Schon nach kurzer Zeit ist Rombo Eder von der Zitronensäure umgeben, die ihn nun unerbittlich angreift. Die Säure frisst sich in ihn hinein. Aber er spürt nichts! Rings um ihn steigen Gasblasen auf. Bevor ihn die Säure allerdings zu sehr auflöst, wird ihn die Filmcrew aus der Säure ziehen. So ist es geplant.

Die Säure frisst und frisst, aber Rombo Eder spürt auch jetzt keinen Schmerz. Im Gegenteil, von Minute zu Minute fühlt er sich in den Gasblasen wohler. Er genießt intensiv das Schaumbad, das perlende Prickeln der aufsteigenden Blasen und ihr zartes Zerplatzen. Wie wohltuend. Ein Gefühl größter Entspannung durchflutet ihn. Wie im Rausch badet Rombo Eder in der gefährlichen Säure. 

Immer mehr Gasblasen steigen auf. Sie drücken sanft gegen den Calcit, heben ihn sacht empor, schaukeln ihn leise, hin und her. Rombo Eder fängt an, auf den Gasblasen zu tanzen! Nie wieder in seinem Leben will er aufhören, so zu tanzen... Er hat alle Gefahren vergessen.

 

Die Filmcrew beobachtet ihn genau. Es wird Zeit, einzugreifen. Zwei Assistenten nähern sich ihm vorsichtig. Rombo Eder schreit und wehrt sich heftig, als die beiden ihn aus der Säure ziehen wollen. Sie müssen ihn gewaltsam, gegen seinen Willen retten. Kaum ist er raus aus der Säure, erwacht er aus seinem Schaumtraum! Er hat am eigenen Kristall erfahren, dass eine Säure nicht nur gefährlich ist, sondern auch verführerisch! Mit dieser Erkenntnis, vielen Flecken und einigen Löchern beendet Rombo Eder seinen Selbstversuch.

Märchenfreies Mineralien-Modul 16: Der Calcit wird von einer Säure aufgelöst.

Das 68. Kapitel: Carla Calcit und ihre Söhne helfen

 

Jeder Calcit kannte den Film "Der mit der Säure tanzt". Jeder wusste, wie heimtückisch und verführerisch eine Säure auf einen Calcit wirkt. Man müsste den anderen Mineralien den Film zeigen. Dann würden sie ganz sicher die Sorgen der Calcite verstehen. Nun ging es darum, wer die Filmvorführung organisiert. "Ich mache das. Meine Söhne werden mir helfen!", sagte da plötzlich jemand mit klarer und entschlossener Stimme. Alle in der Vitrine Nr. 7 drehten sich nach Carla Calcit um. "Klar, die Carla", dachten alle, "die macht das, die schafft das. Eine resolute Person. Und wie die ihre fünf Söhne im Griff hat..."

Carla Calcit stammt aus Mönsheim im Heckengäu. Sie gehört mit ihren fünf Söhnen zur Calcit-Gemeinde der Vitrine Nr. 7. Sie sind, so wie sie aussehen, Skalenoeder-Calcite. Carla trägt eine Eisenerz-Frisur aus Braunen Glasköpfen, ihre Söhne haben modebewusst eine Glatze. Carla ist stolz auf ihre fünf Söhne. Der Älteste ist der bärtige Skalenopeder. Dann sind da die Zwillinge Skalenoeder und Skalenoede. Der manchmal etwas maulige Skaleno und der verträumte Skalle sind die Jüngsten. Alle fünf lieben ihre Mutter über alles und begegnen ihr mit höchstem Respekt. Denn sie ist eine kluge und kompetente Frau und eine Mutter, die es mit ihren Söhnen versteht.

Das 69. Kapitel: Die Demonstration

 

In der folgenden Nacht standen Skaleno und Skalle am Bergwerkseingang und luden die vorbeischwebenden Mineralien zur Filmvorführung um 00.25 Uhr ein. Carla bereitete mit ihrem Ältesten und den Zwillingen alles für die Filmvorführung vor. Aber es kamen nur wenige. Und die meisten von den wenigen begriffen nicht, warum Rombo Eder gewaltsam aus der Säure gezogen wurde. Er fühlte sich in der Säure doch so wohl...

 

Kurzum, der Film "Der mit der Säure tanzt" änderte kaum etwas an der für die Calcite so unangenehmen Zitronensituation. Carla, ihre Söhne und all die anderen Calcite waren sehr enttäuscht. 

Die meisten Calcite mieden in den folgenden Nächten das Bergwerksmodell. Sie fühlten sich von den Zitronen irgendwie bedroht. Stattdessen suchten sie um Mitternacht die Vitrine 7 auf, in der sowieso viele Calcite ihren Standort haben. Wieder wurde beraten und diskutiert, wie man dem Zitronenwahnsinn begegnen könnte.

 

Und wieder meldete sich die sonore Stimme:"Calcite, ich habe einen Vorschlag! Lasst uns demonstrieren. Wir machen eine Demonstration. Ich habe auch schon ein Plakat entworfen." Mit seinen klugen Augen schaute der Blumenkohl-Calcit so von der Seite auf ein blaues Plakat mit dem Schriftzug "Zitronen? Nein, danke!"

Eine Demonstration! Was für eine Idee! Die Calcite waren begeistert. Drei Nächte lang bereiteten sie die Demonstration vor. Dann war es so weit. Der Demonstrationszug formierte sich vor der Vitrine Nr. 7. Pünktlich um 00.30 Uhr schwebten sie los, der Blumenkohl-Calcit, Calcitdruse und eine ganze Reihe gelber Rhomboeder-Calcite. Mittendrin schwebten die Skalenoeder-Calcite, Frau Carla Calcit und ihre fünf Söhne. Sie hatten sich in den vergangenen Nächten wieder sehr engagiert. Alle waren voll des Lobes. Die Carla aus Mönsheim und ihre fünf Söhne, toll!

Der Demonstrationszug der Calcite schwebte dreimal durch alle Räume des Museums. Die Plakate wurden hochgehalten "Zitronen? Nein, danke!" Parolen wurden gerufen wie "Lieber Bohnen als Zitronen!" 

 

Es kam, wie es kommen musste. Die Demonstration hatte keinen Erfolg. Kaum jemand sah und hörte die Calcite, weil die meisten Minerale in jener Nacht im Modell waren und die Calcite nicht im Bergwerk demonstrierten. Zu viele Demonstranten hatten Angst, sich Säureflecken einzufangen.

Das 70. Kapitel: Die roten Gummischuhe 

 

Nach so viel Misserfolg waren die Calcite bitter enttäuscht. Die Stimmung war am Boden. Was könnte man denn noch machen, um sich vor den Säureflecken zu schützen? Hilfe von den anderen Mineralien war wohl nicht zu erwarten. Mit bedrückter Miene schwebten die Calcite durch die Vitrine Nr. 7.

 

Und zum dritten Mal meldete sich die sonore Stimme des Blumenkohl-Calcits, von dem nach wie vor niemand wusste, aus welcher Vitrine er kam: "Calcite! Hört zu! Es gibt nur eins, wir müssen uns selber helfen. Dafür habe ich das hier mitgebracht!" 

Der Blumenkohl-Calcit schaute mit seinen klugen Augen so von der Seite auf zwei rote Schuhe: "Das sind Gummischuhe. Von denen gibt es einige im Bergwerk in einem Nebengang auf der Sohle 5 mit einer ganz besonderen Sohle. Die Sohle ist nämlich ein dicker Schwamm. Er kann eine Menge Flüssigkeit aufsaugen. Beispielsweise auch eine Säure. Und das fast gefahrlos, weil der Schuh sehr groß ist und aus Gummi. Außerdem ist er wie geschaffen für uns, weil wir schweben können. Bei einem Tritt in die Säure saugt der Schwamm nicht, weil er dann platt ist. Bei einem Schweb über der Säure dagegen, saugt er sich voll. Also, ihr seht hier den perfekten Säureaufsauggummischuh. Was wir jetzt noch brauchen, sind ein paar Freiwillige mit Mut, die mit diesen Schuhen Zitronensäureflecken aufspüren und aufsaugen. Mancher Ort hat eine Freiwillige Feuerwehr, wir gründen eine Freiwillige Säurewehr. Wer macht mit?

Das 71. Kapitel: Eine Säurewehr und eine Kommandantin

 

Die anwesenden Calcite schauten sich fragend an. Wer würde der Freiwilligen Säurewehr beitreten? Wer würde das Kommando übernehmen? Im selben Augenblick sagte Carla Calcit: "Ich mache das, mit meinen Söhnen! Wir werden die Säurewehr aufbauen!" Die Calcite bewunderten Carla wegen ihres Muts und ihrer Entschlossenheit. Eigentlich war es jedem sofort klar, dass die resolute Carla mit ihren Söhnen die Säurewehr erfolgreich aufbauen würde.

Calcitdruse sagte dann auch sofort: "Jawohl, Carla, euch trauen wir das zu! Macht es! Unsere Freiwillige Säurewehr mit der Kommandantin Carla Calcit! Alles Gute!" Die Anwesenden klatschten begeistert ihre Zustimmung. Der Blumenkohl-Calcit sagte dann noch: "Glückwunsch, Carla, und viel Erfolg! Für dich als  Kommandantin habe ich hier noch etwas, nämlich zwei goldene Ohranhänger in der Form eines Rhomboeder-Calcits. Wenn du sie trägst, weiß jeder, dass du die Kommandantin bist!" 

 

Carla bedankte sich, und alle schauten gebannt zu, wie sie sich die goldenen Rhomboeder ins Ohr steckte. Dabei bemerkte niemand, dass der Blumenkohl-Calcit davonschwebte. Er wurde nie wieder im Museum gesehen.

Das 72. Kapitel: Die Säurewehr beginnt zu üben

 

Carlas Söhne waren etwas überrascht. Was der Mutter da einfiel! Und sie waren stolz. Was ihnen die Mutter da zutraute! Aber jetzt wollten sie doch noch die restliche Zeit bis 1 Uhr bei den Grün- und Rosenquarzen vorbeischauen. Sie hatten sich mit ihnen verabredet, beim Versteckspiel des kleinen Dalmatiner-Hündchens mitzusuchen. 

Da sagte ihre Mutter plötzlich: "Hört zu, Jungs, bleibt hier. Jetzt habe ich schon mal die goldenen Rhomboeder am Ohr, da könnten wir auch gleich mit den ersten Übungen beginnen!"

"Aber Mama," protestierte Skaleno etwas maulig, "wir haben uns mit den Quarzen verabredet!"- "Ich weiß, aber das Zitronenproblem schäumt uns auf den Nägeln! Wir müssen anfangen und zwar jetzt. Übrigens, kein "Mama" mehr! Wenn ich die goldenen Rhomboeder trage, bin ich die Kommandantin, auch für euch! Verstanden, Kameraden?" - "Ja, Mama, äh, ja, Kommandantin!" "Also, wir werden jetzt gleich loslegen. Ihr macht gut mit. Und am Ende habe ich vielleicht eine kleine Belohnung für euch!"

Das 73. Kapitel: Skalenopeder übt den Ernstfall

 

Die nächste Mitternacht kam. Kommandantin Carla Calcit hatte sich entschieden, eine Übungsfolge nur mit ihrem ältesten Sohn zu machen. Die anderen durften zuschauen.

 

Mit allen gleichzeitig das Anziehen der Schuhe zu üben, würde wahrscheinlich im Chaos enden. Und mit Säureflecken für alle, wäre es für sie als Kommandantin zu unübersichtlich gewesen und für ihre ungeübten Söhne vielleicht auch zu gefährlich. Deshalb musste der Älteste jetzt ran:

Das 74. Kapitel: Für die Brüder nur eine Trockenübung

In der folgenden Nacht wurde wieder geübt. Kommandantin Carla erklärte: "Heute steht eine Trockenübung auf dem Programm. Gestern habt ihr Kamerad Skalenopeder zugesehen. Manches ist gar nicht so einfach. Deshalb üben wir heute zunächst einmal ohne einen Säurefleck. Es geht vor allem darum, die Säuresaugschuhe schnell anzuziehen. Und dann müssen wir das Einschweben üben. Ihr dürft den Boden nicht berühren, sondern müsst dicht,  ganz dicht darüber schweben, damit die Schwammsohle den Säurefleck gerade so berührt. Dann kann der Schuh wirkungsvoll aufsaugen. Wer im Säurefleck landet, spritzt unnötig herum, drückt den Schwamm zusammen und kann nicht so viel aufsaugen. Und das üben wir jetzt, das schnelle millimetergenaue Schweben! Aber zunächst die Schuhe...

Das 75. Kapitel: Schorsch Schörls Schluck 

 

Schon wenige Nächte später war es vorbei mit den Zitronen. Kaum ein Mineral interessierte sich mehr dafür. War die Frucht auf die Dauer doch zu sauer? Das sicher auch, aber vor allem die Erkenntnis, dass die Zitronensäure weder beim Glanz noch bei den Farben etwas bewirkte. Wie aber, diese Frage sei gestellt, kam der Irrtum in die Welt?

Märchenfreies Mineralien-Modul 17: Der Calcit hat die Mohshärte 3.

Das Ganze begann, als Schorsch Schörl die Vitrine 48 besuchte. Er hatte sich für die vielen Interviews einen Zitronentee mitgebracht. In dem kurzen Gespräch mit dem Chrysokoll nahm er einen Schluck und sagte so nebenbei, als der Chrysokoll sich für das Getränk interessierte: "Die Zitrone ist nicht ohne, das ist ganz klar. Der Tee regt an, macht mich munter und meine Gespräche bunter." 

 

Schorsch Schörl ging, und der Chrysokoll berichtete seinen neugierigen Nachbarn, auch vom Zitronentee. Er erklärte: "Die Zitrone ohne, also ohne den Tee, bedeutet Glanz, klar! Außerdem wacht man auf und ist dann irgendwie farblich besser dran." 

 

In der nächsten Nacht schwebte die Vitrine 48 fast geschlossen in Richtung Bergwerk und Zitronen.  Tatsächlich erlebte sie eine Nacht später mehr Glanz und Farbe. Die Vitrine 47 wurde eingeweiht, noch eine Nacht später die 46. Nach dem Genuss von Zitronen machte jede Vitrine mit Glanz und Farben ähnliche Erfahrungen.

 

(Die ganze Geschichte - Schorsch Schörl besucht die Vitrine 48 - gibt es unter Vitrine 48 - Minitiative BUNTWALD 48 e.V. )

Märchenfreies Mineralien-Modul 18: Kristallformen beim Calcit

Bis dann eine Vitrine erkannte, dass nicht die Zitrone, sondern der Museumskurator die Ursache war. Mit Staubpinsel und Glasreiniger hatte er in den letzten Tagen systematisch die Mineralien geputzt, angefangen mit Vitrine 48, dann 47, 46... Die Mineralien hatten die Reinigung einfach reihenweise verschlafen. Ziemlich schnell sank der Rummel um die Zitronen in sich zusammen, die Calcite atmeten auf und Carla Calcit mit ihren fünf Söhnen hatte nichts mehr zu tun.

In Carla Calcits Vitrine steht auch ein Stück Muschelkalk mit einer Druse. Diese Druse war als Säurewehr-Gerätehaus vorgesehen. Jetzt aber steht Carla mit ihren Söhnen in dem Drusenraum. Sie beendet gerade offiziell den Säurewehr-Einsatz. Sie hat schon ihre goldenen Rhomboeder-Ohrringe abgenommen. Sie ist keine Kommandantin mehr. Wegtreten!