Märchen im Museum - Kapitel 19-32

Das 19. Kapitel: Er weiß es nicht!

 

Mitternacht! Vitrine zeigt Milch den Weg. Er schwebt zu den Amethysten hin. Keiner begrüßt ihn. Der große Amethyst hält es für unter seiner Würde, mit Milch zu reden. Ein kleiner Amethyst sagt finster und kurz

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angebunden: "Du bist mit uns verwandt. Dann solltest du wissen, warum wir Amethyste "Amethyst" heißen. Weißt du das?" Milch verneint. Er weiß es nicht. Er sieht seine fremden Verwandten zum ersten Mal. Wie groß sie sind! Dieser Glanz! Und diese wunderbare violette Farbe! "Sie kommen aus Brasilien", hat Vitrine ihm noch nachgerufen. Milch hat keine Ahnung, wo Brasilien liegt. Der kleine Amethyst reißt ihn aus seinen Gedanken: "Pass auf, ich erzähle dir jetzt drei Geschichten. Eine davon erklärt unseren Namen. Findest du die richtige Geschichte heraus, darfst du dich bei uns verstecken." Dann schaut er überraschend freundlich und beginnt:

Vier Amethyste liegen im Glaskasten. Der kleinste Amethyst spricht mit Milch Quarz.

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Das 20. Kapitel: Und deshalb heißen wir so!

 

Die erste Geschichte: "Um Mitternacht treffe ich am Dunkelraum meine Freunde. Zur Begrüßung bekommt jeder einen kleinen Kuss auf die linke Augenbraue. Da bleibt dann ein kleiner lilafarbener Fleck zurück, der aber bald darauf wieder verschwindet. Das gefällt allen, das finden alle lustig. So kennt mich jeder: Der Amethyst - der Stein, der lila küsst."

Der Amethyst, der lila küsst.

Die zweite Geschichte: "Um Mitternacht treffe ich am Museumseingang meine Freunde. Hat jemand ein Viererjubiläum, wird mit Sekt gefeiert. Sekt gibt es reichlich, weil er im Museumsshop verkauft wird. Das Viererjubiläum würdigt die Tage mit einer 4, die jemand schon hier ist. Wir feiern also, wenn ein Mineral seit 14 Tagen hier ist oder seit 84 oder  seit 444 Tagen. Zur Feier des Tages trinke ich immer vier Fläschchen Sekt. Das macht mir gar nichts aus, ich bin danach nicht betrunken, nicht einmal beschwipst. So kennt mich jeder: Der Amethyst - der Stein, der nicht betrunken ist."

Der Amethyst, der nicht betrunken ist.

Die dritte Geschichte: "Um Mitternacht treffe ich im Bergwerksmodell meine Freunde. Tief im Innern des Modells gibt es einen Swimming-pool. Meine Freunde schweben ins Wasser, ich aber nicht. Denn wenn ich im Pool wäre, würde ich das Wasser aufsaugen. Ich könnte es nicht verhindern. Wasser schmeckt mir einfach. Da werde ich gierig. So kennt mich jeder:    Der Amethyst - der Stein, der Wasser frisst."

Der Amethyst, der Wasser frisst.

Welche der drei Geschichten erklärt wohl den Namen? Milch denkt nur kurz nach, dann hat er die Lösung. Die Amethyste staunen. Milch darf sich bei ihnen verstecken!

Das 21. Kapitel: Jetzt sind sie nett

 

Seit genau drei Jahren versteckt sich Milch nun hinter den großen Amethysten. Längst haben sie ihre ablehnende Haltung aufgegeben. Sie mögen Milch, weil er immr so fröhlich und freundlich ist. Außerdem sind sie immer noch beeindruckt, wie schnell Milch den Namen "Amethyst" erklären konnte. Und sie haben Goldie kennen gelernt. Echtes Gold in der Verwandtschaft, Respekt, Respekt!

Das 22. Kapitel: Die Nase des Kurators

 

Milchs Versteck ist sicher. Vitrine hatte da eine gute Idee. Kein Besucher, kein Hammerjäger, niemand vom Sicherheitspersonal käme je auf den Gedanken, hinter die Amethyste zu schauen. Am Freitag vor drei Wochen gab es allerdings eine brenzlige Situation. Das Licht im Glaskasten fiel aus. Zwei Lämpchen waren durchgebrannt. Das rief den Kurator auf den Plan. Der Kurator ist immer freitagnachmittags im Museum. Er kümmert sich um Lampen, Birnen, Kabel, Transformatoren, Bewegungsmelder, kurzum um alles Elektrische. Er öffnete bei den Amethysten die Glaswand und wechselte die Lämpchen aus. Fast hätte er dabei Milch entdeckt! Zum Glück sind die Lämpchen aber oben angebracht, so dass der Kurator eben nur nach oben schaute. Trotzdem, der Kurator steckt seine Nase ständig in die Schaukästen. Seitdem versteckt sich Milch nicht nur hinter, sondern auch unter den großen Amethysten. Passende Nischen findet er immer. 

Märchenfreies Mineralien-Modul 5

Das 23. Kapitel: Freunde, Feiern, Familie

 

Nach drei Jahren kennen sich Milch und Goldie bestens im Museum aus. Vitrine Glas hat ihnen alles erklärt, was sie wissen müssen. Die drei sind beste Freunde geworden.

Milch, Vitrine Glas und Goldie sind beste Freunde geworden. Häufig halten sie ein Schwätzchen miteinander.

Während der vielen Mitternachtsstunden haben sie auch alle Verwandten der Quarz-Familie kennen gelernt. Was für eine große Familie. Milch und Goldie staunen manchmal immer noch, mit wem sie alles verwandt sind. Nicht alle heißen Quarz. Man kann auch nicht mit jedem vertraut sein. Es sind einfach zu viele Verwandte. So haben sie mit der Familie Eisenkiesel erst ein paar Worte gewechselt. Hübsche rotbraune Quarze aus Bayern, aber einfach zu viele auf einem Haufen, auf einer Stufe würden die Hammerjäger sagen. Was Goldie ganz besonders beeindruckte, waren die vielen Augen, mit denen die Familie Eisenkiesel ihre goldenen Haare bewunderte. Das hat Goldie wirklich gefallen. Und gewundert hat sie sich darüber, dass die Familie Eisenkiesel schwarze Würfel beherbergt, wo sie doch selber so wenig Platz hat.

Das 24. Kapitel: Die Quarze mit der Käze

 

Zur Familie gehören auch die Herren Rauch Quarz. Auf Goldie und Milch wirken sie mit ihren Käzen ein bisschen fremdartig. Sie sind wortkarg und lachen nur wenig. Aber wenn sie lachen, sehen sie durchaus freundlich aus.

Die Rauchquarze tragen gern ihr Käze, ihre rote Kälte-Kapuze, um ihren Kopf im warmen Museum zu kühlen.

Der Größere ist tief dunkelbraun, voller Knitterfalten und trägt einen langen Bart. Manche sagen, er habe früher viel geraucht. Deshalb sei er so braun verfärbt und zerknittert. Andere meinen, das sei ein Schwindel, er sei ein Gwindel und habe viel Höhensonne abgekriegt. Vitrine sagte neulich zu Milch und Goldie: "Das mit der Gwindel ist kein Schwindel. So heißt der Langbärtige tasächlich auch. Und das mit der Höhe stimmt. Die Hammerjäger finden diese zerknitterten, verdrehten Burschen nur auf ganz hohen Bergen. Deshalb tragen sie hier auch ihre Käzen." "Was sind denn Käzen?", fragte Goldie modisch interessiert. Vitrine erklärte: "Na, ihre roten Kälte-Kapuzen, die ihre Köpfe wie Kühlschränke kühlen. Sie sehnen sich nach der kalten Luft im Hochgebirge.  Hier unten im Museum ist es ihnen viel zu warm. Da kriegen sie schnell Kopfweh."

 

 

Märchenfreies Mineralien-Modul 7

Das 25. Kapitel: Es wird spannend!

 

In den letzten Nächten eines Monats baut sich eine spürbare Spannung im Museum auf. Mineralien diskutieren miteinander, Gerüchte machen die Runde, Experten sagen ihre Meinung, Wetten werden abgeschlossen. Die letzte Mitternacht im Monat ist etwas Besonderes, weil ein Wettkampf stattfindet. Heute Nacht ist es wieder so weit. Nur noch wenige Stunden, dann beginnt er, der Wettkampf im Synchronschweben. Am Wettkampf kann nicht jeder teilnehmen. Denn:

 

1. Es dürfen nur Pforzheimer mitmachen.

2. Der Teilnehmer oder die Teilnehmerin muss ein Quarz sein.

3. Niemand darf größer als 1,5 cm sein.

4. Es dürfen nur solche Quarze mitmachen, die sich nicht waschen und nie die Zähne putzen und deshalb ein bisschen riechen.

Märchenfreies Mineralien-Modul 8

Das 26. Kapitel: Sie sind die wahren Meister

 

Als Goldie und Milch zum ersten Mal von diesem Wettbewerb hörten, dachten sie, dass er gar nicht stattfinden kann. Niemand erfüllt diese vier Bedingungen gleichzeitig. Aber weit gefehlt! Zwar kommen zum Wettkampf immer die gleichen, aber auch ausreichend viele, nämlich die Pforzheimer Stinkquarze. Sie sind wahre Meister im Synchronschweben.  Jedes Mineral im Museum kennt die Besten mit ihren Stärken und kleinen Schwächen. Ihre Namen sind in aller Munde, ihr Atem in allen Nasen. 

Links sind echte, etwa 1,5 cm große Pforzheimer Stinkquarze aus unserem Museumsshop abgebildet. Das rechte Bild zeigt ihre Verwandlung für das Märchen. Mit der Maus über das rechte Bild fahren, dann erscheint der Name des "Synchronschwebers". Nicht klicken!

Das 27. Kapitel: Synchronschweben

 

Vitrine Glas erklärte Milch und Goldie das Synchronschweben: "Ihr wisst ja, dass man mit den Augenbewegungen die Richtung des Schwebens bestimmt. Gemeinsam Gesicht an Gesicht zu schweben, das ist ziemlich schwierig. "Ja, ja", stimmte Milch ihr zu, "wir kennen das, ich schaue nach links und Goldie zufällig nach rechts, im Nu sind wir auseinander." Vitrine fuhr fort: "Beim Synchronschweben geht es darum, gemeinsam eine lange Strecke möglichst schnell zu durchschweben. Ihr schafft das zu zweit vielleicht auf ein paar Meter. Die Pforzheimer Stinkquarze schaffen das aber zu siebt durchs ganze Museum. Als Schwebgerät nehmen sie einen Kugelschreiber. Am Eingang liegen immer welche. Wer alleine schwebt, schafft etwa 11 cm pro Sekunde. Wer zu zweit schwebt, kann seine Geschwindigkeit verdoppeln. Die Pforzheimer Stinkquarze sitzen zu siebt auf einem Kugelschreiber und schaffen dabei eine Höchstgeschwindigkeit von 77 cm pro Sekunde. Aber nur, wenn sie genau aufpassen und mitmachen! Gleich geht´s los. Schweben wir mal rüber zum Start-Ziel-Punkt!"

Synchronschweben: Wenn die Stinkquarze synchron schweben, bedeutet das, dass sie gemeinsam und gleich schnell in die gleiche Richtung schweben.

Start und Ziel am Bergkristall. Er wird später noch zum Leben erweckt!

Das 28. Kapitel: Auf Los geht´s los!

 

Start und Ziel sind bei einem der schönsten Quarze, einem großen glasartigen Bergkristall. Sein Platz ist schräg gegenüber von der Dunkelkammer. Auf seiner Standhöhe verläuft die Schwebstrecke um die Dunkelkammer herum, durch den Rheinland-Pfalz-Raum mit den vielen Achaten zum Eingangsbereich, dann weiter am Bergwerksmodell vorbei in den Raum für die Mineralien aus dem Schwarzwald, und erreicht dann, an den großen Amethysten vorbei, die lange Zielgerade bis zum Bergkristall. Wer zuerst am Bergkristall vorbeischwebt, hat gewonnen. 

Am Fußboden unterhalb des Bergkristalls geht es los. Beide Teams und ihre Schwebgeräte sind bereit. Vitrine gibt das Kommando: "Auf die Kulis, fertig, los!"

 

Die Schwebstrecke beginnt und endet am Bergkristall. Die Grauen kämpfen gegen die Bunten. Aber alle sind sie Pforzheimer Stinkquarze.

Das 29. Kapitel: Guter Start, schlechter Start

 

Und schon steigt das Team der Grauen steil in die Höhe. Ganz vorne sitzt Riechlinde und folgt ihrer langen Nase. Sie ist die Schwebruferin. Sie ruft ununterbrochen die kleinen Kommandos, mit denen sie ihr Team führt: "Aua 12 o, Aua 12 o, Aua 12." Alle im Team stellen sich vor, sie schauen auf eine Uhr. Ruft Riechlinde "Aua 5", dann heißt das "Augen auf 5" und alle schielen dann in die Richtung 5 Uhr. Am Anfang war es natürlich "Aua 12 o", weil es ja nach oben ging, nur "Aua 12" heißt geradeaus. 

Alle blicken in die gleiche Richtung. Der Start ist gelungen!

Beim Team der Bunten hat Gerüchel das Kommando. Auch er ruft "Aua 12 o", aber der steile Anstieg misslingt. Er merkt, dass nicht alle in die gleiche Richtung gucken. Wer hat da wieder beim Start gepennt? Vor Wut läuft er violett an.

Leider gucken nicht alle gleich = synchron! Der Start misslingt!

Das 30. Kapitel: Schweben um die Wette

 

Aber Gerüchel kämpft. Sein Team wacht auf. Schon sind sie dicht hinter den Grauen. Jeder passt auf. So schaffen die Bunten fast 77 cm pro Sekunde. "Einholen! Wir müssen sie einholen und ablenken", denkt Gerüchel. Denn wenn sie abgelenkt sind, passen sie nicht auf und fallen zurück. Die Bunten holen tatsächlich die Grauen ein. Jetzt schweben sie links von ihnen auf gleicher Höhe. Die Bunten strecken die Zunge raus. Da gucken die Grauen entrüstet kurz nach links und knallen bei der Geschwindigkeit fast gegen die linke Museumswand. Riechlinde rettet mit schnellen Gegenkommandos "Aua 3, Aua 3!"

Sie können dem Gegner die Zunge rausstrecken, aber sie dürfen ihn nicht ansehen, sonst fliegen sie aus der Bahn!

Dann kommen die vielen Kurven durch den Rheinland-Pfalz-Raum. In den Kurven ist es von Vorteil, die Kugelschreiberspitze nach unten zu halten. Man kommt dann besser um die Kurve, aber es bremst auch, und es kostet Zeit. Wieder ist bei den Bunten nicht jeder konzentriert. Sie drohen zurückzufallen. Die Grauen holen auf. Da! Ein ganz mieser Trick! Ein Grauer hat sich so hingesetzt, dass seine Quarzfläche wie ein Spiegel das Licht einfängt und die Bunten blendet. Damit haben die Bunten nicht gerechnet. Da hat sich doch gemeinerweise einer von denen vor dem Wettkampf gewaschen, damit die Fläche wie ein Spiegel wirken kann. Ist Dreck drauf, geht das nämlich nicht. Was für ein ekelhaftes, abscheuliches Verhalten!

Einige Stinkquarze haben die Plätze getauscht. Einer versucht den Gegner zu blenden und abzulenken. Wer hat sich da gewaschen, damit seine Flächen im Licht erstrahlen? Heißt er etwa "Alter Käse"? Oder ist es "Doktor Gully"?

Das 31. Kapitel: Wer gewinnt?

 

Beide Teams rasen nun schwebend auf gleicher Höhe nebeneinander her. Plätze innerhalb der Teams werden getauscht, das kann von Vorteil sein, auch beim Schwebrufer. Sein Platz wird vorübergehend vom Co-Rufer, dem Stellvertreter, eingenommen, um die Stimme zu schonen. Aber nur vorübergehend. Ein Team kann am Ziel nur mit dem Schwebrufer selber an der Spitze gewinnen, nicht mit seinem Stellvertreter. So biegen die Grauen und die Bunten gleichzeitig in die Zielgerade ein. Der Bergkristall, das Ziel, taucht auf. Wenige Sekunden später schwebt die Siegermannschaft am Bergkristall vorbei. Mit einer Kugelschreiberlänge Vorsprung! 

Die beiden Zielfotos zeigen die Bunten und die Grauen, wie sie am Bergkristall vorbeischweben. Wer hat nun gewonnen, die Bunten oder die Grauen? Der Bergkristall sieht beim Verlierer klar drei Fehler!

Das 32. Kapitel: Den Wanderpokal für die Siegermannschaft

 

Während des Wettkampfs blieben die Mineralien in ihren Schaukästen, damit niemand umgeschwebt wird. Die Teams kamen ja überall vorbei. Nach dem Wettkampf nun strömten und schwebten viele zum Ziel. Die Sieger wurden bejubelt. Viele nickten Riechlinde anerkennend zu: "Tolle Leistung, Riechlinde!" Ein paar fanden auch tröstende Worte für die Bunten: "Kopf hoch, Gerüchel, in vier Wochen seid ihr wieder die Sieger!"

Dann überreichte der Bergkristall der Siegermannschaft den Wanderpokal mit der neuesten Gravur: SIEGER 30.11.2014 DIE GRAUEN. Der Wanderpokal ist ein stilisierter Kugelschreiber aus edlem Belgisch Granit, einem Stinkkalk. Tradionell steht er zwischen den Wettkämpfen neben einem der beeindruckendsten Pforzheimer Stinkquarze, neben Old Gully.

Riechlinde, Stankerl, Alter Käse, Miefchen, Atemraub, Duftwölkchen, Morchella, Gerüchel und Old Gully - die geheimnisvolle Kraft zieht sie um 1 Uhr zurück auf ihr Muttergestein, auf ihren Platz in der Vitrine Nr. 7. Sie verwandeln sich zurück in die Pforzheimer Stinkquarze, die die Besucher tagsüber sehen.