Pforzheim - Hegenach und Schoferweg

Schriftzüge auf einem Mergelstein aus dem Unteren Muschelkalk, der im "Hegenach" und dem unteren "Schoferweg" den Untergrund bildet.

Liebe Besucher- und Besucherinnen!  Sie sind hier eingeladen, das Gebiet "Hegenach" in der Südoststadt von Pforzheim kennen zu lernen. Vielleicht bekommen Sie Lust, dort einmal spazieren zu gehen, nachdem Sie hier das eine oder andere gelesen haben. Darüber hinaus lädt der "Schoferweg", der durch den "Hegenach" in den Nordschwarzwald hochführt, zu einer Wanderung ein. Wenn Sie die Gegend von Pforzheim noch nicht kennen, wird die Wanderung zu einem Muss!

Kartenskizze der Südoststadt von Pforzheim. "Hegenach" ist grob umrissen das Gebiet zwischen "Großer Lückenweg" (Gr L), "Kopernikusallee" (Ko), "Schoferweg" (Scho) und der Störlinie. Der rote Punkt mit 4 ist der Hochbehälter "Hegenach".

Wer sich nicht auskennt, möchte zunächst einmal wissen, wo "Hegenach" in Pforzheim liegt. Die Kartenskizze in Abb. 2 zeigt:

Rote Punkte: 1 Klinikum, 2 Goldschmiedeschule, 3 Ludwig-Erhard-Schule, 4 Wasserbehälter, 5 Fachhochschule, 6 Wildpark, 7 Kupferhammer.

Schwarze Punkte: noch erkennbare ehemalige Steinbrüche im Buntsandstein.

B Buntsandsteinflächen in Rosa, M Muschelkalkflächen in Gelb.

Ke Keplerstraße, Ko Koperniskusallee, Ka Kantstraße, Li Lichtenbergweg,

Gr L Großer Lückenweg, Scho Schoferweg.

Winterimpression am denkmalgeschützten Hochbehälter

Wer um das Jahr 2009 im "Hegenach" unterwegs war, ging an endlosen Zäunen entlang, die auffällig große Grundstücke umschlossen. Oder man schaute auf hohe undurchdringliche Hecken, hinter denen sich verwilderte Wiesen, Streuobstflächen und idyllische Gartenhäuschen verbargen. Gelegentlich kam man auch an völlig naturbelassenem Gelände vorbei, an alten Bäumen oder kleinen Wäldchen. An Gebäuden fiel vielleicht eine Villa auf oder der Hochbehälter. Unnahbar. Die beiden wichtigen Sträßchen, der "Schoferweg" und der "Große Lückenweg", waren schmal, der Straßenbelag ramponiert. Trotz der Hanglage eine hübsches Fleckchen Pforzheims, um mit oder ohne Hund einen ruhigen, naturnahen Spazierang zu machen, bei Vogelgezwitscher natürlich. Und bei rund 50 Vogelarten, die im "Hegenach" brüten, war häufig auch ein Vogel zu beobachten!

1927 mit Punkt erbaut! Das Steinornament ums Wappen nicht witterungsbeständig; helle Ablagerungen im Bereich der Schrift, aber nicht in der Schrift - frisch nachgemalt?

Zehn Jahre später, im Jahr 2019,  geht man hier mit oder ohne Hund in einem Neubaugebiet  spazieren. Der "Große Lückenweg" und der "Schoferweg" sind gut ausgebaute Straßen geworden, die aber nach wie vor am oberen Ende als Waldwege tief in den Schwarzwald führen! Verbindungswege und kleine Seitenstraßen sind entstanden. Die Weglängen für Spaziergänge haben im "Hegenach" deutlich zugenommen. Dabei hat man den positiven Eindruck, dass bei der Weggestaltung das Gelände nicht unverhältnismäßig versiegelt wurde. Wohnhäuser wurden gebaut, nur wenige Geschosse, keine Hochhäuser. Die Grundstücke sind auffällig groß, auch die vor den Garagen geparkten Autos. Man sieht den gehobenen Wohnanspruch. Es gibt keine enge Bebauung. Freiflächen und Grünflächen sind großzügig eingeplant. Manch alter Baum steht nach wie vor, da noch das Wäldchen wie vor zehn Jahren. Es ist ein Neubaugebiet ohne Supermarkt, Buslinie oder Tankstelle entstanden. Mit anderen Worten: In den "Hegenach" wurde eingegriffen, sein Charakter aber nicht zerstört: Naturnähe, viel Grün, ruhige Lage, Vogelgezwitscher gibt es nach wie vor.

In dieses locker zerfallende Gestein ist der Wasserhochbehälter hineingebaut. Es ist der typische Gesteinsuntergrund im "Hegenach".

Der Wandel vom naturnahen Gartengelände zum Neubaugebiet hat beim "Hegenach" auch zu einem gehobenen Geologieanspruch geführt. Das Gelände ist geologisch gesehen interessanter geworden. Die Grundstücke sind groß und damit auch die Ziergärten. Hier wird nicht selten mit interessanten Gesteinen verziert. Gelegentlich auch mit viel Gestein, was natürlich einem Insekt weniger gefällt als einem Geologen. Grün- und Freiflächen sind großzügig eingeplant, können aber nicht mehr verwildern. Sie müssen gepflegt werden. Damit bleibt die Geologie des Untergrunds immer wieder einsehbar.

Im Folgenden ein paar Gedanken zum Gesteinsuntergrund im "Hegenach", der auch dann noch zu beobachten ist, wenn die Baugruben verschwunden sind: am Rande der Ziergärten, an Böschungen zwischen Wurzeln, im Straßengraben, am unbefestigten Wegrand...

Das Gestein im "Hegenach" ist ein dolomitischer Mergelstein. Er ist in der Grundfarbe hellgelb, hat aber häufig schwarze Manganoxidflecken, etwas weniger häufig gelbe, orangefarbene Brauneisenerz-Spuren (Limonit-Flecken).
Das Gestein ist dolomitisch. Das heißt, es enthält Magnesium. Und es ist ein Mergelstein. Das bedeutet, das Gestein enthält Kalkteile und Tonteile. Das Verhältnis von Kalk und Ton wechselt von Meter zu Meter. Hier im Bild ist der Tonanteil hoch.

Der Mensch hat seine Menschheitsgeschichte mit Neuzeit, Mittelalter und Altertum, die Erde ihre Erdgeschichte. Das Gestein im "Hegenach" entstand im Erdmittelalter, das vor etwa 252 Mio. Jahren begann und vor 66 Mio. Jahren endete. Das Erdmittelalter ist unterteilt in Trias, Jura und Kreide. Die Trias mit den Ablagerungszeiträumen für Buntssandstein, Muschelkalk und Keuper umfasst etwa den Zeitraum von 252-200 Mio. Jahre, die acht Millionen Jahre lange Muschelkalkzeit den Zeitraum von 243-235 Mio. Jahre. Der Mergelstein im "Hegenach" entstand als Meeresablagerung zu Beginn der Muschelkalkzeit, im Unteren Muschelkalk, und ist daher etwa 244 Mio. Jahre alt. Dabei ist noch festzuhalten, dass es im Unteren Muschelkalk keinen echten Kalkstein (Gesteinsgrundmasse Calciumcarbonat) mit Muscheln gibt. Die Gesteinsgrundmasse beim "Hegenacher" Mergelstein ist ein Calcium-Magnesium-Carbonat.

Häufig ist das schwarze Manganoxid pünktchenförmig auf dem Mergelstein verteilt. Ist der Tonanteil im Mergelstein hoch, dann ist die Steinoberfläche glatter, ebenplattiger.
Der Mergelstein verwittert schiefrig. Die schiefrigen Bruchflächen sind glatter, wenn das Gestein weniger Mangan- und Eisenverbindungen enthält und der Tonanteil in der Grundmasse hoch ist.
Der Mergelstein ist weich. Der linke Stein wurde mit Schmirgelpapier bearbeitet, bis die helle glatte Fläche in der Mitte entstanden war. Ganz rechts sind die Kratzspuren des Schmirgelpapiers auf dem weichen Mergelstein zu sehen.
Die Gesteinsgrundmasse ist ein Calcium-Magnesium-Carbonat. Der Kalkanteil kann sich im Bereich von wenigen Zentimetern ändern. An dieser Stelle im Gestein scheint er hoch zu sein, denn das Gestein schäumt bei Säure deutlich auf.

Wer den "Schoferweg" in seiner gesamten Länge von unten nach oben durchwandert, erkennt zu Beginn am Parkplatz der Goldschmiedeschule unschwer den rötlich-grauen Buntsandstein. Im Bereich der Turnhalle bei der Ludwig-Erhard-Schule wird das Gestein gelblich-grau, weil der dolomitische Mergelstein einsetzt, der in den Unteren Muschelkalk gehört.

Im Bereich Schoferweg/ Lichtenbergweg (Scho/ Li) hört der Muschelkalk auf, und der Buntsandstein beginnt. Die Störlinie quert auch den Großen Lückenweg (Gr L).

Weiter oben, im Bereich Schoferweg/Lichtenbergweg (Scho/ Li) ist man plötzlich wieder im Buntsandstein. Dieser Wechsel lässt sich mit einer Schichtlagerungsstörung erklären. Entlang einer Störlinie, deren Verlauf in Abb. 2 und Abb. 12 eingezeichnet ist, ist der nördliche Teil mit dem "Hegenach" abgerutscht. Südlich dieser Störung, dieser Abrutschung oder Abschiebung oder auch "Buckenberg-Verwerfung", lag zunächst auch noch der dolomitische Mergelstein aus dem Unteren Muschelkalk. Er wurde aber durch Wind und Wetter abgetragen: ein Opfer der Erosion.

Entlang der Störlinie ist der Wechsel vom gelblichen Mergelstein im Muschelkalk (M) zum Buntsandstein (B) deutlich und abrupt - auf der geologischen Karte. Als die Karte entstand, gab es hier noch keine Häuser und asphaltierte Straßen.

Auf der tiefer gelegenen "Hegenach"-Scholle ging die Erosion langsamer vonstatten. Je höher eine Gesteinsschicht liegt, desto stärker greifen Wind, Wasser, Hitze, Kälte und Eis im Allgemeinen an. Im "Hegenach" lag und liegt das Gestein tiefer und geschützter. Aber eigentlich gehört es hier nicht her! Wer außerhalb der Störzone vom nahen "Kupferhammer" zum "Wildpark" hochwandert, sieht am Wegrand immer nur den Buntsandstein.

Die Störlinie zeigte sich in den Baugruben in diesem Beeich indirekt: Das Gestein, Mergelstein und Plattensandstein, wirkte an den Baugrubenwänden unruhig, rutschig, zerrüttet, durcheinander, eben gestört an der Störlinie.

Noch einmal die Störlinie! Dieses Mal geschmirgelt - oben der helle Mergelstein-Abrieb, unten die dunklen Quarz- oder Sandkörner des Plattensandsteins.

Wandern auf dem "Schoferweg"

Die Baugruben werden im Hegenach verschwinden. Einblicke in den Untergrund wie in den beiden folgenden Fotos, wird es nicht mehr geben. Was aber bleiben wird, ist der "Schoferweg" und vielleicht Ihr Wunsch nach einer kleinen Wanderung auf einer Strecke, die Ihnen als Ziel noch nie eingefallen ist. Für die Wanderstrecke "Schoferweg" müssen Sie hin und zurück mindestens eine Stunde einplanen und rund hundert Höhenmeter überwinden. Auf der Strecke gibt es Steine, ein bisschen Geologie, einen Wildpark mit interessanten Tieren, einen Spielplatz, einen Imbiss und so richtig Nordschwarzwald zum Wandern. Der "Schoferweg" ist als Straße und als Waldweg gut ausgebaut und zu jeder Jahreszeit eine Einladung.

Aushub der Baugruben: Links Unterer Muschelkalk, rechts Oberer Buntsandstein. Wenn die Baugruben weg sind, ist der steinerne Untergrund entlang des "Schoferwegs" immer noch bestens zu sehen!

Der "Schoferweg" beginnt an der St.-Georgen-Steige. Auf dem Foto ist im Hintergrund der "Wallberg" zu sehen. Der Anfang der Wanderstrecke ist nicht gerade spektakulär. Aber gegenüber liegt ein gebührenfreier Parkplatz, auf dem man am Wochenende und sommers am Abend immer einen Platz fürs Auto findet. Im Bereich des Parkplatzes steht Buntsandstein an. Er ist im Gras und unter den Büschen und Bäumen da und dort am Hang zu sehen.

Vom Start zum Ziel geht es beim "Schoferweg" immer aufwärts. Dabei werden rund 100 m Höhendifferenz überwunden. Die Wanderstrecke beträgt hin und zurück etwa 3 km. Eine deutliche Verflachung des Geländes ist zwischen Kantstraße und Lichtenbergweg zu beobachten. Hier kann man sich gut vorstellen, auf einer abgerutschten Muschelkalk-Scholle zu stehen.

Der "Schoferweg" führt an der Sporthalle der Ludwig-Erhard-Schule vorbei. Am Eingang zur Sporthalle liegen große Blöcke des Mergelsteins aus dem Unteren Muschelkalk, der hier den Untergrund bildet.

Unterer Muschelkalk, aber kein Muschelkalk, sondern ein dolomitischer Mergelstein, der geschichtet-schiefrig ist.

Der Mergelstein ist gelblich und weich und platzt an den Schichtflächen ab.

Rechts und links des "Schoferwegs" wurde zur Straße hin Muschelkalk verbaut, fossilfreier Blaukalk links, Schillkalk mit Muschelschalentrümmern rechts.

Es gibt den dunklen Muschelkalk aus dem Steinbruch in Roßwag, aber auch wie hier den hellen Jurakalk von der Fränkischen Alb als Stütz- und Gartenmauern, in dem sich auch einmal ein Fossil verstecken kann: rechts undeutlich ein versteinerter Tintenfisch, ein Belemnit.

Von dieser Straßenecke an aufwärts lässt sich überall der rötlich-graue Buntsandstein entdecken. Meist ist es ein Plattensandstein, der schiefrig-spaltend verwittert (am Pfeil).

"Schoferweg" rechts, "Schoferweg"-Graben, links davon, und Fachhochschule, ganz links.
Große Plattensandsteinbrocken aus dem Oberen Buntsandstein im naturbelassenen mäandrierenden "Schoferweg"-Graben.

Kleine Buntsandstein-Gerölle auf den Rändern und Böschungen des "Schoferweg"-Grabens.

Der "Schoferweg" führt dann durch den "Wildpark", ein sehenswertes und erlebnisreiches Highlight in Pforzheim, insbesondere für Kinder. Der Eintritt ist frei. Wer mit dem Auto direkt zum "Wildpark" kommt, zahlt an Stelle eines Eintritts eine Parkgebühr. Bei den Störchen geht es hinein, bei den Elchen wieder hinaus. Da der "Schoferweg" gut ausgebaut ist, lässt er sich zu jeder Jahreszeit benützen. Die Störche sind auch zu jeder Jahreszeit zu sehen. Und natürlich viele andere Tiere. Und der Spielplatz! Und der Imbiss! Und der Klettergarten! WC! Der besondere Tipp: Wandern Sie doch mal im Juni, Juli abends um 21 Uhr über den "Schoferweg" durch den "Wildpark"! Ein naturnahes Erlebnis und fast niemand mehr unterwegs!

Nach dem "Wildpark" führt der "Schoferweg" als normaler Waldweg noch etwa 600 m in den Schwarzwald hinein.

Entlang der letzten 600 m liegen immer wieder rötlich-graue Steine im Laub am Wegrand. Es sind glimmerreiche Plattensandsteine aus dem Oberen Buntsandstein.

Am "Kirchenweg" ist das Ende des "Schoferwegs" erreicht. Sie können nun zurück zum Ausgangspunkt oder weiter durch den Nordschwarzwald wandern. Vorschläge gibt es auf den Wegweisern reichlich!