Pforzheim - die Steine der Westtangente (2)

Die Stylolithen werden weiter unten genauer vorgestellt. Zunächst geht der Blick aber auf die Fossilien. Die Westtangente geizte hierbei keinesfalls. Aber es gab bei den Versteinerungen keine Vielfalt, sondern "nur" eine Vielzahl - artenarm, aber individuenreich. Man fand außer Muscheln, Terebrateln und Trochiten nichts, aber die drei dafür oft bis massenhaft.

Beim Bau der Westtangente wurden die Grenzschichten zwischen dem Mittleren und dem Oberen Muschelkalk freigelegt. Da die Schichten mit 2-4° zur Autobahn hin einfallen, ergibt sich zwangsläufig ein Gesteinswechsel. Die Westtangente machte ihn vorübergehend deutlich.

Es sind die beiden vorherrschenden Gesteine der Westtangente im Bereich der Heilbronner Straße: ein grauer, fossilreicher Trochitenkalk und ein gelblicher, stylolithenreicher Dolomitstein. (Trochiten und Stylolithen werden unter "STEINBILDER" erklärt!)

Brücke Heilbronner Straße: Die Gesteinsschichten liegen nicht parallel zum Horizont. Sie liegen schräg, sie fallen mit etwa drei Grad zur Autobahn hin ein und verschwinden unter dem Straßenasphalt. Bei Punkt b tauchten auf der Höhe der Straße die ersten Trochiten auf. 50 m hinter der Brücke lagen die letzten Trochiten etwa 10 m über dem Straßenniveau. Seit Juli 2017 ist alles verbuscht, zubetoniert,

und verbaut, unter Straßenschotter und Asphalt verschwunden, und die Hänge sind hinter Gittern. Unzugänglich und gesteinskundlich unergiebig!

Blaugrauer Trochitenkalk und gelblicher Dolomitstein wurden an Ort und Stelle zu Straßenschotter für die Westtangente verarbeitet.

Klein geschlagene Stücke von Trochitenkalk, der im Bereich der Westtangente reich an Trochiten ist.

Der Blick geht dichter an den obigen Teller heran. Die "Steinührle" mit ihren randlichen Einkerbungen und dem Zentralkanalloch sind deutlich zu erkennen.

Da der Trochitenkalk stellenweise sehr viele Trochiten enthielt, konnte es nicht ausbleiben, dass man auch auf Teile von Stielen und Kelchen der ausgestorbenen Seelilie "Encrinus liliiformis" traf.

Die Trochiten sitzen reliefartig auf dem Kalkstein, aber sie sind auch im Stein eingebettet. Die runden glatten Flecken spiegeln hell in der Sonne. Ohne direktes Sonnenlicht bleiben sie unauffällige, dunkle und runde Flecken auf dem zerschlagenen Gestein (kleineres eingerahmtes Bild).

Die spiegelnden Flächen waren einst Trochiten, die jetzt durch Calcit ersetzt sind. Ein Calcit-Einkristall hat sich gebildet, der Schicht für Schicht heranwuchs. Rhomboedrische Form und die nicht ganz rechten Winkel (rechter Winkel 90°) verraten den Calcit-Kristall. Seine Winkel sind 75° und 105°. Beim Kristallwachstum bildet sich eine dünne glatte Schicht über der anderen. Das verursacht das Spiegeln in der Sonne. Der Kristall glitzert nicht, er funkelt nicht. Er wirkt oberflächlich wie ein Spiegel. Da die Schichten dünn sind und das Mineral weich, brechen da und dort Schichten weg, was wiederum die Treppenform bewirkt. Die Aufnahme ist nicht unter dem Mikroskop gemacht. Die Schichtung lässt sich mit dem bloßen Auge sehen und mit der Kamera etwas heranzoomen. An seinem Außenrand konnte der Calcit-Einkristall nicht rhomboedrisch wachsen. Der Calcit konnte nur Molkül für Molekül die einst organisch runde Form des Stielglieds bis zum umgebenden Gestein hin ersetzen.

Zwischen den Trochitenkalkbänken lag da und dort Verwitterungslehm oder zersetzter Tonmergelstein. Dort hatten sich einzelnde Trochiten angesammelt. Sie waren aus den Kalkbänken herausgewittert.

Ein eher seltener Trochitenkalk. Er enthält viel rot färbendes Eisen und ein paar eiförmige Gebilde = Ooide. Hin und wieder ist der Trochitenkalk auch oolithisch.

Oolithischer Trochitenkalk mit einem treppenförmig zerbrochenen Trochiten-Calcitkristall, der in der Sonne spiegelt. (Kamerazoom)

Terebrateln

Der Trochitenkalk an der Westtangente enthielt reichlich Terebrateln. Herausgeschlagene Kalkstücke mit diesen Nichtmuscheln liegen auf dem Teller.

Näher am Teller dran. Über die runde, nicht berippte Form lässt sich die Terebratel erahnen.

Häufig ist der Trochitenkalk ein Schillkalk mit Trochiten, Terebrateln und natürlich Muscheln. Hier ein beripptes Muschel-Exemplar, ein bescheidener Fund, aber typisch für die Westtangente.

Auffällig viele Dolomitsteine sind stylolithisch. Das Besondere an der Westtangente ist, dass nicht selten die Stylolithen, die Säulensteine, diese parallelen Muster im Stein, kalzitisch durchdrungen sind.

Stylolithen der Westtangente, Parallelstrukturen mit Calcit. Der Dolomitstein ist fein gerillt oder geriffelt.

Manche Euro- und Cent-Münzen sind randlich fein gerillt oder geriffelt.

Riffel sind parallel liegende rillenförmige Vertiefungen oder Erhöhungen am Münzrand oder eben auf den Dolomitsteinen.

Große Blöcke Dolomitstein mit Calcit und Stylolithen

Nahaufnahme: Stylolithen mit Calcit

Nahaufnahme: Stylolithen und Calcit

Der Dolomitstein der Diemel-Formation verwittert gelblich. Da die Grundmasse des Steins ein Calcium-Magnesium-Carbonat ist, ist der Stein härter und widerstandskräftiger als der Trochitenkalk. Viele Dolomitsteine haben schwarze Spuren von Manganoxid.

Der Dolomitstein der Diemel-Formation enthält genügend Calciumcarbonat, das auf eine schwache Säure deutlich reagiert. Der Stein wurde mit einer küchentauglichen Zitronensäure übergossen, hier mit dem Säurungsmittel "Citrovin", im Supermarkt erhältlich. Für einen Dolomitstein war die Reaktion überraschend heftig, insbesondere im Bereich von Löchern im Gestein.

Haushaltsübliche Zitronensäure ("Citrovin" und "Citroessenz") wurde auf den Dolomitstein geschüttet. Im Bereich des Lochs ist die Reaktion nachhaltig und deutlich heftiger als auf dem restlichen Stein. Im Loch steigen die Gasblasen hoch, manchmal fast rhythmisch wie bei einem Geysir.

Oben wie unten weitere Beispiele der stylolithischen Dolomitsteine der Westtangente, oben ohne, unten mit Calcit. Die Parallel-Linien sind oft gelblich-rostig verfärbt. In den Rillen hat sich bevorzugt Brauneisenerz=Limonit abgesetzt und rostig festgesetzt.

Auf der Oberfläche von großen Dolomitsteinbrocken sind die Zickzacklinien von Stylolithen zu sehen (rote Pfeile). Da und dort ragen an den Stylolithenlinien, den "Gesteinsnähten", die feinen Riffel

ein paar Zentimenter hoch heraus (grüne Pfeile). Ein Klick aufs Bild vergrößert es!

Der besondere Fund: Der handtellergroße Dolomitstein hat Stylolithen an zwei Stellen, die in einem rechten Winkel zueinander liegen.

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