Pforzheim - die Steine der Westtangente (6)

Der Tripel ist als Gestein mit seinen Eigenschaften etwas Besonderes. Und er hatte für Pforzheim über Jahrhunderte hinweg eine besondere Bedeutung. Aufschlüsse sind besonders selten. Die Westtangente zeigt ihn mal wieder. Das ist etwas Besonderes. Aus diesem Grund bekommt der Tripel hier sein eigenes Kapitel:

Das Bild zeigt viel Quarz. Links sieht man einen Rauchquarz. Der Kristall hat schon mal bessere Zeiten gesehen. Rechts ist ein Stück Tripel fotografiert, das in der Anmutung eines Quarzkristalls mit dem Messer zurechtgeschnitzt wurde: offensichtlich eher etwas Weiches. Dieses Weiche, der Tripel, ist ein Sedimentgestein, das Brauneisenerz, Tonminerale und ganz viel kristallinen Quarz enthält. Links ein Quarzkristall, rechts eine ton- und eisenhaltige Quarzmasse mit winzig, winzig, winzig  kleinen Quarzkristallen, der Tripel eben.

Der Tripel gehört in den Muschelkalk. Die Westtangente verläuft im Bereich der Dietlinger Straße im oberen Mittleren Muschelkalk. Das vorherrschende Gestein ist ein Dolomitstein. Die vorherrschende Gesteinsfarbe ist Gelb.

 

Die gelblich verwitternden Dolomitsteine sind überwiegend hart. Aber es gibt auch weichere. Es gibt hellgelbe und glatte, orangefarbene und knollige, schwarzfleckige und ganz weiße, musterlose und gebänderte Steine.

 

Hinzu kommen schiefrig zerfallende, tonig-mergelige, grüne und graue Gesteine.  Kieselsäurebildungen, wie Hornstein oder Chalcedon, tragen ihren Teil zum bunten Durcheinander bei. Und mitten drin, an wenigen Stellen, der Tripel.

Ein von einem größeren Dolomitstein abgeschlagenes Stück: Dieser Dolomitstein der Westtangente ist hart, kompakt und schwer. Das folgende Bild zeigt eine Nahaufnahme dieses Steins.

Der obere Mittlere Muschelkalk ist ein Durcheinander von ausgewaschenen, verwitterten, verstürzten, zusammengeschwemmten Überresten einer Gesteinsschicht, die einst Salz und Gips/Anhydrit enthielt. Das ganze Durcheinander kommt recht farbenfroh daher! Das zeigt das Folgebild.

Eine bunte Gesteinsmischung! Diese Gesteine sind die unmittelbaren Begleiter des Tripels. Die meisten davon sind weiche,  mergelige (= tonig-kalkige) Sedimentgesteine. Der schwarze Hornstein dagegen ist eine harte Kieselsäurebildung. Aber er gehört mit zu den Tripel-Nachbarn!

Noch einmal die bunte Mischung. Bis auf den Hornstein lassen sich viele Tripel-Nachbarn mit den Fingern zerbrechen oder zerreiben.

 

Doch nun ganz das Augenmerk auf den Tripel:

Der Tripel macht das Bunte seiner unmittelbaren Umgebung mit! Brauneisenerz (Limonit) färbt gelb ein, Manganoxid zeigt sich mit schwarzen Flecken bis hin zu dendritischen Bildern. Dendriten - metallische Lösungen sickern ins Gestein und bilden dabei pflanzenähnliche, baumähnliche Muster. Der Tripel selber ist hellgelb.

Der Tripel ist ein weiches Gestein. Mit dem Messer lassen sich kleine Stücke wegschneiden.

Der Tripel enthält Ton, Tonteilchen, Ton-Minerale. Sie sorgen für die Weichheit. Mit der Raspel, der Feile, mit Schmirgelpapier lässt sich der Tripel zu Pulver zerreiben.

Selbst mit dem Finger lässt sich der Tripel bearbeiten. Feinstes Pulver entsteht. Die mehlartige Substanz bleibt am Finger kleben. Die Oberfläche des Tripel-Steins fühlt sich pulvrig-glatt an. Metallische Verunreinigungen verschwinden. Dieses Tripelstück von der Westtangente musste freilich vor der Bearbeitung zwei Tage lang getrocknet werden. Je trockener desto leichter ist naturgemäß das Gesteinsmaterial.

Auf dem Tripel-Stück sind keine Löcher. Es sind winzige Manganoxid-Flecken.

Zuerst wurde das Tripelstück mit dem Messer leicht abgeschabt. Dann wurde mit dem Finger druckvoll gerieben: Das linke Tripel-Stück verwandelte sich in das rechte saubere Tripel-Stück.

Der Tonanteil und die mehlartige Oberfläche sorgen dafür, dass der Tripel die Tinte sofort aufsaugt. Auf dem weißen Baryt mit seiner glatten Oberfläche bleibt die Tinte ein spiegelnder Tropfen oder flüssig in der länglichen Vertiefung.

Ein Salzsäuretropfen versackt sofort im Tripel. Der Tripel reagiert (wie der Baryt daneben) nicht auf eine Säure.

Der Tripel hat als Gestein im Wesentlichen drei Bestandteile, die alle drei nicht auf Säure reagieren:

1. Im Gestein ist ein bisschen Brauneisenerz (Brauneisenstein, Limonit). Die Eisenverbindung sorgt bei gleichmäßiger Verteilung in der Gesteinsgrundmasse für die hellgelbe Farbe. Oberflächlich kommen ein paar Limonit- und Manganoxidflecken dazu.

2. Das Gestein enthält in einem deutlichen Maß Tonteile, Tonminerale. Sie sorgen für die Weichheit des Gesteins.

3. Die Hauptmasse des Gesteins besteht allerdings aus mikrokristallinem Quarz. Da Quarz mit einer Mohshärte von 7 zu den harten Mineralien gehört, müsste das Gestein eigentlich hart sein. Das ist der Tripel auch. Und doch ist er weich. Die Quarzkristalle sind winzig klein und gleichmäßig mit den Tonteilchen vermengt, so dass sich die zu erwartende Härte nur indirekt zeigt: 

a. Der Tripel ist zwar weich, aber auch stabil. Er zerbricht nicht unter den Fingern wie ein Tonstückchen. Man kann ihm mit einer Raspel ordentlich zusetzen und trotzdem hält er wegen des äußerst hohen Quarzanteils die Form.

b. Der Tripel ist zwar weich, aber auch ein Gesteinsmaterial, um Edelsteine mit ihrer hohen Mohshärte zu bearbeiten, zu schleifen oder zu polieren. Auch das ist das Resultat des hohen Quarzanteils.

Mit dem Rauchquarz links und dem Tripel rechts wird über das Glas geritzt. Der Rauchquarz zerkratzt das Glas, der Tripel nicht. (Das bunte Papier wurde gewählt, damit Rauchquarz und Tripel deutlich zu sehen sind.)

Mit der Kamera näher heran: Kratzspuren gibt es nur vom Rauchquarz, links.

Beim Tripel scheint nichts zu passieren. Links zeigt sich die Glasplatte nach der "Tripel-Attacke" ohne Kratzer, fleckenlos, glasklar. Aber das täuscht. Dreht man die Glasplatte ein wenig im Licht, sind die Spuren des Tripels auf der rechten Seite doch recht deutlich zu sehen. Er hat die Glasplatte nicht zerkratzt. Er hat sie ganz fein milchig gemacht. Poliert? Zumindest angeschliffen. (Die Tripel-Spuren sind auf einem dunklen Hintergrund besser zu sehen, deshalb kein buntes Papier wie oben.)

 

In der Zeit zwischen 1760 und 1960, also rund 200 Jahre lang, war der Tripel für die Pforzheimer Edelsteinindustrie als Schleif- und Poliermittel von erwähnenswerter Bedeutung. Das Gesteinsmaterial stand lokal zur Verfügung und wurde in kleinen Gruben abgebaut. Das war allemal kostengünstiger als der Einkauf in fernen Ländern. Die Stadt Tripolis gab dem Tripel seinen Namen. In Pforzheim gibt es einen "Trippelweg" in der Nähe des Geigergrunds und Hachelturms.

 

Die Tripelschicht ist nur 20-30 cm mächtig. In manchem Brötzinger Garten wurde einst der Tripel in vielen Metern Tiefe in engen Gruben abgebaut. Die Stücke wurden getrocknet und dann zu puderfeinem Pulver zermahlen. Das Pulver diente als Schleif- und Poliermittel in der Edelsteinbearbeitung in Pforzheim und auch anderswo.

Der Tripel ist ein Leichtgewicht. Hält man ein getrocknetes Stück Tripel in der Hand, spürt man sofort, dass hier Größe und Gewicht nicht zusammenpassen. Links im Bild ein Stück Tripel, rechts ein Stück Baryt, das deutlich kleiner ist.

Der Tripel eignet sich für die schöpferische Gestaltung. Die Figur ist nicht gerade das Kunstwerk an sich, soll aber nur zeigen, dass das weich-harte Gestein geraspelt, gefeilt, geschnitten, geschmirgelt und fingergereibt werden kann. Und das mit ganz geringen Kräften. Der Tripel ist geduldig und bleibt stabil und kann schöpferische Kräfte freilegen!