Pforzheim - die Steine der Westtangente (4)

Die winterlich schlammverschmierten Stiefel aus "Westtangente (3)" sind im Frühjahr 2018 nicht mehr aktuell. Der tonige Schlamm geriet in die Hand von Kindern. Sie zeigen, dass die Westtangente auch eine kreative Seite hat:

Kinderspaß mit dem tonigen Schlamm der Westtangente, einer Dübel-Nase, Reißzwecken-Augen, maßgeschneidertem Mund und Knet-Mütze. Kopf aus getrocknetem Westtangenten-Ton. Dübel und Reißzwecken lassen sich nicht mehr herausziehen. Der Ton ist zu einer hart

Auch nach sechs Monaten sind diese westtangentialen Ton-Schlamm-Kugeln und -Knollen stabil und ohne Risse. Aber sie sind so hart, dass keine Reißzwecke mehr hineingedrückt werden kann.

April 2018: Die Westtangente wächst weiter gen Süden. Große Erdbewegungen gibt es gerade im Bereich der Dietlinger Straße. Dort stehen schon die Brückenpfeiler der Westtangenten-Brücke über die Dietlinger Straße. Die offenen Flächen des Baugeländes und die angehäuften Aushub-Berge zeigen, dass das Gestein in den oberen Bereich des Mittleren Muschelkalks gehört. Deutlich durchlaufende Gesteinsschichten gibt es kaum, eher ein Durcheinander, ein Zusammengeschwemmtes, ein in früheren Zeiten Inbewegunggeratenes.

Das sind Gesteinsproben von der Westtangente, südlich der Dietlinger Straße. Die vorherrschenden Farbtöne sind Grau, Gelb und Weiß. Die Steine unterscheiden sich aus der Ferne kaum. Erst wenn man sie in der Hand dreht, zeigen sich kleine interessante Unterschiede wie im Folgebild:

Es gibt gelbliche Dolomitsteine mit Calcit-Drusen (10 Cent) oder Calcit-Adern (5 Cent), schiefrig zerfallende Mergelsteine (3 Euro), schwarz-und rostfleckige Steine mit Mangan- und Eisenverbindungen (2 Euro), Dolomitsteine mit eingelagertem weißen Quarz (50 Cent)  oder dunkle Hornsteine mit hellgelben Flecken (2 Cent) oder der Hornstein in der untersten Reihe, Mitte rechts:

Der Hornstein ist an der Dietlinger Straße allgegenwärtig. Er besteht aus mikrokristallinem Quarz. Dieser hier hat in der Quarzmasse eine gelbe ovale Einlagerung und ist durch Tonstaub etwas verunreinigt, etwas zu gelb.

Hier liegt er neben einem geputzten schwarzen Hornstein (rechts).

Mit einem Nagel wurde der weiche tonige Inhalt aus dem ovalen Fleck herausgekratzt. Die Tonsteinbrösel liegen auf dem schwarzen Hornstein.

Limonit, Brauneisenerz, verursacht den gelben Farbton.

Im ausgekratzten Loch ist ein kleiner See aus Salzsäure.  Die tonige Einlagerung reagiert nicht auf die Salzsäure. Es gibt keine Gasblasen.

Blaugraue Gesteinsgrundmasse mit gelblichen Einlagerungen - ein typischer Hornstein, von denen es an der Westtangente viele gibt.

Der Tonmergelstein bei 3 Euro gehört ebenfalls in den oberen Mittleren Muschelkalk, recht und links  derselbe Stein. Das Gestein ist hellgrau und spaltet ebenplattig mit fast glatten Flächen. Die einzelnen Platten sind weich und leicht zu zerbrechen.

Bei den Tonmergelstein-Platten ist eine Seite gleichmäßig hellgrau, die andere fleckig und dendritisch: schwarz durch Manganoxid, gelblich durch Limonit, Brauneisenerz. Die Strukturen entstanden durch metallische Lösungen, die im Bereich der feinen Gesteinsspalten einsickerten, sich auf den Flächen dendritisch=bäumchenartig ausbreiteten und dann eintrockneten. Auf Salzsäure reagiert das Gestein auffallend heftig. Es enthält noch reichlich Calciumcarbonat.

Dieser gelbliche Dolomitstein zeigt helle mineralische Einlagerungen. Der Stein wirkt brekziös und erinnert an Quarzbrekzien im Keuper.

Mit der Kamera näher heran: Rechts wird im Dolomitstein grauer Kalkstein mit feinen weißen Umrandungen deutlich. Sind die weißen Einlagerungen Calcit, Baryt oder Quarz? Essigsäure, Zitronensäure oder die klassische Salzsäure geben eine Antwort:

Die weißen Flächen schäumen nicht auf. Es kann kein Calcit sein. Bleiben der harte Quarz und der weiche Baryt übrig. Ein Messer zum Ritzen hilft weiter:

Links der Stein, der untersucht wird, rechts ein Stück Baryt (Schwerspat). Mit dem Messer werden die weißen Flächen auf dem linken und auf dem rechten Stein geritzt:

Der linke Stein hat schon seine Ritz- und Schneidspuren. Rechts wird der Baryt gerade bearbeitet. Ergebnis:

Links sind dunkelgraue Messerspuren zu sehen. Die weiße Substanz ist so hart, dass sie Metallteile vom Messer wegkratzt, die unter der Lupe auch metallisch glänzen. Es muss sich um Quarz handeln (Mohshärte 7).

Rechts schneidet das Messer ohne Kraftanstrengung in den weichen Baryt. Der Schnitt bleibt makellos weiß. Das Messer wird nicht angegriffen. Baryt (Mohshärte 3-3,5).

Die Dolomitsteine zeigen immer wieder kristallinen Calcit. Der Zellendolomit des oberen Mittleren Muschelkalks ist insgesamt löchrig, porös und drusig.

Dolomitsteine mit Calcitdrusen sind häufig.

Manche Steine werden von Calcit-Adern durchzogen. Sie ähneln dolomitischen Mergelsteinen aus dem unteren Keuper.

Die kristallinen Calcit-Adern ragen als Grate aus der nichtkristallinen  Gesteinsgrundmasse heraus. Ob Ader oder Grundmasse, beides besteht aus Calciumcarbonat. Das kristalline Calciumcarbonaat scheint widerstandsfähiger zu sein. Es trotzt der Verwitterung mehr und länger als die feine Gesteinsgrundmasse.