Im Lienzinger Weinberg - Gestein und Geschmack

Lienzingen liegt im Enzkreis und gehört zu Mühl-acker. Der höchst gelegene Punkt von Lienzingen ist der Kamm des Eichelbergs mit rund 367 m über NN, siehe Karte weiter unten. Der Eichelberg gehört zum Stromberggebiet. Auf seinem Süd-hang wird Wein angebaut. Lienzingen liegt an der Württemberger Weinstraße. Wer als Weinkenner auf dieser Straße unterwegs ist, könnte eine kleine Wanderung in den Lienzinger Weinberg machen.

Den Geschmack eines Weines beeinflussen mehrere Faktoren, beispielsweise die Rebsorte, die Sonnenscheindauer, die Hanglage, auch das Gestein, das dem Boden und den Wurzeln des Rebstocks die Mineralien gibt. Der Weinkenner weiß das. Wandert er gern, dann kann er hier die Geschmacksfaktoren Boden und Gestein kennen lernen.

Jedes Bild lässt sich mit einem Klick darauf vergrößern!

Das Foto zeigt die Grenze zwischen Weinanbau und Waldbedeckung im Lienzinger Weinberg. Auf dem Weg zwischen Wein und Wald erhält man gute Einblicke in die beiden bestimmenden Keupergesteine, die bunten Tonsteine unter den Reben bis hinauf in den Hang und den hellen Stubensandstein am Hang unter den Bäumen. Der Stubensandstein ist deutlich härter und wider-standsfähiger als die grüngrauen und rotbraunen Tonsteine unter und über ihm. Aus diesem Grund ragt er gesimsartig aus dem Hang hervor.

Für den wanderfreudigen Weinkenner:

Sie wandern gern                                              ein Stückchen,                                            über Tonstein und Kalk

und reichlich Sandstein                               obendrein?

Sie trinken gern                                            ein Schlückchen,                                          mit Aussicht und Fernblick,

vom heimischem Wein                                     in einem Weinberg,                                  klein, aber fein?

Dann auf nach                                              Mühlacker-Lienzingen!  

Wir laden Sie ein                                               auf bequemen Wegen,                                     nicht querfeldein!       

Aber nicht nur zum Wein

bei Sonnenschein,

auch zu einem Blick

auf das lokale Gestein.                                Danach werden Sie

bei einem Glas Wein

wissender sein:

Welche Nährstoffe                                       bringt das Gestein

beim Weingeschmack ein?

Sie werden mehr

wissen und schmecken,

garaniert der Verein!

 

Die Kartenskizze zeigt die Lage des Weinbergs von Mühlacker-Lienzingen. Östlich und westlich davon gibt es Parkplätze, wo eine kleine Wanderung durch den Weinberg hinauf zum Waldrand begin-nen kann. Am höchstgelegenen Weinbergweg - Pfeilspitze - ist der Blick in die Ferne gut und der Blick auf das Gestein in der Nähe aufschlussreich.

Am obersten Weinbergweg geht der Blick am Hang und Waldrand ungehindert auf die untersten Schichten der LÖWENSTEIN-FORMATION.

 

Auf der Löwenstein-Formation steht der Wald. In dieser Formation gibt es zwar auch grüngraue und rotbraune Tonsteine, aber der Stubensandstein ist das Besondere. Er dominiert. Der Stubensandstein verwittert, bricht ab und wandert bei einem Re-genguss hangabwärts in die Weinberge. Dort löst er sich teilweise auf. Sand entsteht, der als Quarz-Mineral über die Rebstockwurzeln dem späteren Wein seine Nuance gibt.

Der Stubensandstein der untersten Löwenstein-Formation kann weiß sein, grauweiß, gelb von eingelagertem Eisen oder schwarzfleckig durch Manganspuren. Er ist häufig mit grünen Tonfetzen durchsetzt. Die dünnen zerklüfteten Sandstein-lagen eigenen sich nicht zum Mauerbau, und auch nicht zum Hausbau.

 

Der Stubensandstein ist eine 220 Millionen Jahre alte Flussablagerung. Flüsse transportierten Sand, der sich lagenweise absetzte. Änderte sich die Fließrichtung des Wassers, wurden alte Schichten wieder abgetragen, und neue entstanden in einem anderen Winkel dazu. Kreuzschichtung ist das Stichwort und auf vielen Steinen gut zu sehen.

Kreuzschichtung auf Stubensandstein, auf dem Foto weiß markiert.

Die Sandkörner des Stubensandsteins können durch Quarz, Kalk oder Ton miteinander verklebt sein: Das Bindemittel, der Zement, kann kieselig, kalkig oder tonig sein. Im Bild liegt ein Stück Stubensandstein aus dem Lienzinger Weinberg auf einem gelbrandigen Jogurtglasdeckel. Auf den Sandstein wurde Haushalt-Essig-Essenz geträu-felt. Die Vergrößerung rechts im Bild zeigt lupen-kleine Gasblasen (roter Pfeil). Sie verweisen auf ein kalkiges Bindemittel. Der Kalk zwischen den Sandkörnern= Quarzkörnern reagiert auf die Säure. Bei Ton und Quarz gäbe es keine Reaktion. An der Spitze dieses Stubensandsteins sitzt ein grüner Tonsteinfetzen (grüner Pfeil).

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Nach dem Blick hangaufwärts in Richtung Wald-kappe, wenden wir uns nun hangabwärts der Weinbergseite zu. Hangabwärts liegen unter den Rebstöcken die obersten Schichten der MAINHARDT-FORMATION. Am Wegrand sind genügend Steine, um mit der Formation vertraut zu werden. Die Mainhardt-Formation besteht überwiegend aus bröckeligen Tonsteinen. Sie sind grau, grüngrau, rotbraun oder violett. Es ist eine bunte Mischung aus Tonsteinen, die etwas Kalk enthalten. Diese Ton-Kalkstein-Mischung wird als Mergel/Mergelstein bezeichnet. Die Mainhardt-Formation ist bunt, bröckelig und mergelig und wurde früher mit "Obere Bunte Mergel" bezeichnet.

Häufig werden Parzellen im Weinberg frisch ange-legt. Sie bieten einen guten Einblick in den bunten steinernen Untergrund: grünliche, rötliche, vio-lette Tonsteinchen, dazwischen - als Fremdgestein von oben - helle Stubensandstein-Brocken. 

 

Bei den rotbraunen Tonsteinen herrscht das dreiwertige Eisen vor, bei den graugrünen bestimmt das zweiwertige Eisen die Steinfarbe. Es gibt mehr rotbraunen Tonstein als grüngrauen. Organische Stoffe können das dreiwertige Eisen zu einem zweiwertigen reduzieren und so die Farbe von Rotbraun zu Grüngrau verändern. Kommen Wurzeln mit dem rotbraunen Tonstein in Berührung, können sie selber grün werden.

Kommen die Tonsteine mit Wasser in Berühung, zerfallen sie überraschend schnell in viele eckige Bruchstücke. Bei dem Tonstein links ist der Zerfall innerlich angelegt, aber dann doch vorübergehend eingetrocknet. Es genügte ein kleiner Fingerdruck, um den rissigen Stein in viele eckige Stücke zerfallen zu lassen, rechts im Bild.

Das Foto zeigt deutlich den bunten bröckeligen Tonstein, der im Fränkischen mundartlich mit "Keuper" bezeichnet wurde. Die Bedeutung des Wortes ist heute erweitert, denn auch der Stuben-sandstein ist ein Keuper-Gestein. Überall auf der frisch angelegten Parzelle liegen Tonsteine, deren Zerfall mehr oder weniger fortgeschritten ist. Ganz normales Wasser ist der Auslöser. Um der Erosion engegenzuwirken, wird zwischen den Rebstöcken Gras eingesät.

Die Erosion im Weinberg lässt sich in den Deckel eines Marmeladenglases verlegen:

Der Tonstein zerfällt im Weinberg, wenn er nass wird. Man kann sich vom Wegrand ein paar Tonstückchen mit nach Hause nehmen. Man legt sie wie in der folgenden Bildfolge in einen Marmeladenglasdeckel. Dann gießt man ganz normales Leitungswasser in den Deckel. Die Tonsteine müssen dabei gar nicht vom Wasser bedeckt sein. Sie zerfallen von ganz alleine und ziemlich rasch in kleine eckige Stücke. Dabei knistern sie hörbar! Mit dem Finger wird man die Tonstückchen noch etwas auseinanderdrücken. Aus einem Tonstück werden hunderte! Dazu gibt es die folgenden Bilder:

Die grünlichen und rötlichen Tonsteine haben einen hohen Anteil an Tonmineralen, die als Geschmacksnuancen in den Wein gelangen. Ob sich die Steinfarbe auch irgendwie auf den Ge-schmack auswirkt? Sicher aber das Kalzium-karbonat, das fein verteilt im Tonstein steckt.

 

Träufelt man eine Säure auf den Tonstein, nimmt der fein verteilte Kalkgehalt ab: Der Tonstein wird schmierig, weil sich der Tonanteil erhöht. Das lässt sich auch zu Hause mit Essig oder Zitronen-reiniger ausprobieren.

Der Tonstein liegt auf dem Gurkenglasdeckel in einem harmlosen Säurebad aus Haushalt-Essig-Essenz. Da der Tonstein einen geringen Kalkanteil hat, gibt es mit lupenkleinen Gasblasen eine Reaktion. Vergrößerung: rechts im Bild. Etwas Geduld, eine Lupe, Säure im Haushalt und ein aus dem Weinberg mitgenommener grüngrauer oder rotbrauner Tonstein sind für das Experiment hilfreich.

In vielen Weinbergen des Enzkreises bilden die Tonsteine den Untergrund. Gegen die Erosion hilft eine geschlossene Grasdecke.

Gesteinsunterschied am obersten Weinbergweg, hier als weiße Linie symbolisiert: Oberhalb des Wegs weißgrauer Stubensandstein mit schwarzen Manganoxid-Pünktchen und einer Eisenrost-Rinde = Löwenstein-Formation (L-F), unterhalb des Wegs die Mainhardt-Formation (M-F) mit bunten Tonsteinen. Die Grundfarbe des Tonsteins hier ist grün, gelbe Flecken durch Limonit (Eisenrost), schwarze dendritische Formen durch Manganoxid.

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Noch einmal am obersten Weinbergweg: Links ein bunter Tonstein, ganz rechts ein weißer Stuben-sandstein, in der Mitte  ein grüner Steinmergel, der schalig-kugelig-rund verwittert. - Klick aufs Bild vergrößert!