Großglattbach - Grenzsteine, Grenzwege

Wer in der Nähe von Mühlacker-Großglattbach wohnt oder Urlaub macht, gerne wandert und ein paar historische und geologische Grenzsteine entdecken möchte, fährt zum Wanderparkplatz, dort, wo der Feldweg "F" rechts auf der Karte von der L 1125 abzweigt und zum Häckselplatz führt. Auf die Karte klicken, dann wird das Kartenbild deutlicher! 

Das rote "G" verweist auf die rot eingezeichnete Gemarkungsgrenze. "RF" zeigt die Flächen mit Steinen aus der Rottweil-Formation (Trigonodusdolomit). " K1, K2, K3" sind Keuperflächen mit Keupergestein.

Die Wanderroute führt an der Gemarkungsgrenze zwischen Mühlacker-Großglattbach und Roßwag entlang und damit auch am Rande des Enzkreises. Die Grenzwege queren dabei immer wieder geologische Schichtgrenzen, an denen dann unterschiedliche Steine nebeneinander liegen. Die geologischen Grenzsteine lassen sich aufheben, die historischen nicht. Letztere zu entdecken, das hat auch seinen Reiz.

Der Grenzstein bei der Enzkreis-Willkommenstafel ist rechts aus der Nähe fotografiert.

Der Wanderparkplatz am Feldweg F zum Häckselplatz liegt unmittelbar an der Grenze Enzkreis/ Landkreis Ludwigsburg. Der Grenzstein markiert auf der Oberseite die plötzliche Richtungsänderung beim Verlauf der Grenze. Es grenzen aber auch geologische Schichten aneinander. Der Wald liegt im Unteren Keuper (Erfurt-Formation, Lettenkeupersandstein, ku2) mit Sandsteinen. Die Ackerfläche bei F hat den Oberen Muschelkalk (Meißner-Formation, Ceratitenschichten, mo2) mit Kalksteinen und den Obersten Muschelkalk (Rottweil-Formation, Trigonodusdolomit, mo delta) mit Dolomitsteinen als Untergrund. Da liegt an den Schichtgrenzen einiges wild durcheinander!

Blaugrauer Kalkstein aus dem Oberen Muschelkalk mit Fossilspuren. Weiße Striche und Flecken: bitumen- und pyritfreier Calcit; gelblich-rostige Eisenanlagerungen an den Fossilien.

Auf der Ackerfläche am Wanderparkplatz macht sich die nahe Grenze zwischen Muschelkalk und Keupergestein deutlich bemerkbar. Am Feldwegrand von F liegen blaugraue fossilreiche und hellgraue drusenreiche Steine nebeneinander.

Hellgraue drusenreiche Steine am Feldweg F. Die Steine reagieren auf Salzsäure in nur geringem Maße. In den winzigen Drusen hat Calcit auskristallisiert.
Calcit-Rhomboeder-Formen sind unter dem Mikroskop bei 20-facher Vergrößerung zu erkennen.
Feldwegrand von F, im Bereich Wanderparkplatz: Die Dolomitsteine mit den vielen kleinen Calcit-Drusen können leicht sandig sein und beim Reiben absanden.
Feldwegrand von F im Bereich des Wanderparkplatzes: Am Ackerrand liegen echte Sandsteine. Sie gehören in den Unteren Keuper, Lettenkeupersandstein der Erfurt-Formation.

Vom Feldweg F führen noch im Bereich des Wanderparkplatzes kleine Wege in den Wald, der auf Lettenkeupersandstein wächst. An umgekippten Bäumen ist der Sandstein zu beobachten: gelbgraue Farbe, braune fossile Pflanzenspuren, glitzernde Glimmerschüppchen, schwarze Flecken aus Manganoxid. Es ist ein weiches Gestein, bei dem die Sandkörner durch Ton aneinander kleben, ein Sandstein mit einem tonigen Bindemittel. Deshalb ist er leicht zu zerschlagen. 

In Sichtweite des Wanderparkplatzes und des Feldwegs F ein umgestürzter Baum, der den Lettenkeupersandstein aus dem Unteren Keuper freilegt.
In Sichtweite des Wanderparkplatzes im Wald an der Gemarkungsgrenze. Der Grenzstein steht im Lettenkeupersandstein. Zwei Sandsteinbrocken liegen oben auf.

Kleine Zwischenbemerkung

- Was hier vorgestellt wird, ist das Ergebnis tagelanger Untersuchungen.     Beim schnellen Vorbeiwandern wird man nur einen Bruchteil entdecken.

- Es verbietet sich von selbst, Ackerflächen oder private Gärten zu betreten. Es ist alles von den Wegen aus beobachtbar.

- Der Hammer darf einen Stein zerschlagen. Umwelt- und Flurschäden sind nicht seine Aufgabe.

Am Rande des Feldwegs F zwischen Wanderparkplatz und Häckselplatz bringen die Äcker den blaugrauen Kalkstein, den drusigen Dolomitstein und den Lettenkeupersandstein hervor. Drei weitere Gesteine lassen sich im Bereich des einzeln stehenden Baums beobachten: Buntsansteingerölle der Ur-Enz, ein sehr harter Dolomitstein mit einem gelblichen Farbton und schwarzen Manganeinlagerungen und der Löss als weichstes Gestein mit kleinen bescheidnene Lösskindeln.

Ein einzeln stehender Baum am Feldweg F zur Orientierung. 200 m vor und nach dem Baum sechs verschiedene Gesteine: fossilhaltiger Kalkstein, drusiger Dolomitstein, Keupersandstein, Buntsandsteingeröll, manganhaltiger Dolomitstein und Löss mit Lösskindeln.
Buntsandsteingerölle der Ur-Enz. Eine Hinterlassenschaft der Enz, als sie ihr Tal noch nicht gegraben hatte.
Ausgebleichte Quarzkörner des Enzgerölls im vorigen Bild rechts.
Ein äußerst harter Dolomitstein aus dem Grenzbereich Muschelkalk/Keuper. Die schwarzen Linien und Flecken sind Manganoxid-Einsickerungen.
Am Feldwegrand F: gelber, orangefarbener Dolomitstein an der Grenze Muschelkalk/ Keuper mit schwarzen Mangan-Dendriten.
Mangan-Dendriten des vorhergehenden Steins stark vergrößert aufgenommen
Am Rande des Feldwegs F aufgenommen: im hellgelben staubigen Lössboden sind kleine Lösskindel eingestreut. Die Münze zeigt die bescheidene Größe der Kalkzusammenballungen.
Der Ackerboden enthält Löss, nicht nur kalkfreien Lösslehm. Der Ackerboden reagiert auf einen Tropfen verdünnte Salzsäure, indem er aufschäumt. Bei reinem Lösslehm würde es keine Reaktion geben.
Eine kleine verklebte Lössplatte vom Ackerrand mit einem winzigen Lösskindel. Das Lösskindel ist eine Kalkkonkretion, eine Kalkzusammenballung.
Lösskindel vom Ackerrand. Die Münze zeigt, wie klein die Kalkzusammenballungen sind.
Am Häckselplatz "H" verändern sich der Grenzverlauf Großglattbach/ Roßwag und das Aussehen der Ackersteine.
Großglattbach, Häckselplatz. Dolomitisches Mergelgestein mit Calcitdrusen. Das Gestein gehört in den Lettenkeuper.

Am Häckselplatz springt die Gemarkunsgrenze auf Nordwest. Ein schmaler Feldweg zweigt vom breiten Feldweg F ab und folgt dem Grenzverlauf. Nach wenigen Metern sieht man unregelmäßig geformte, dolomitische Mergelsteine am Ackerrain (K 2). Sie sind gelblich, ockerfarben, orangefarben und mit weißem oder farblosem Calcit durchsetzt, manchmal in winzigen Drusen, manchmal in Adern. Es ist ein Gestein, das in den untersten Keuper gehört.

Großglattbach, Häckselplatz: dolomitische Mergelsteine aus dem unteren Keuper, reich an Calcit in winzigen Drusen; schwarzfleckig durch Manganoxid-Einsickerungen.
In den winzigen Drusen des Mergelsteins hat der Calcit weiß oder farblos-durchsichtig auskristallisiert. Winzige Calcit-Rhomboeder zeigen sich unter dem Mikroskop.
Am Häckselplatz liegt am Hauptfeldweg F dieser kompakte, kristalline Dolomitstein aus dem obersten Muschelkalk.

Auf den Feld- und Fußwegen geht die kleine Stein-Wanderung weiter in Richtung Westen. Lesestein-Haufen (auch entsorgtes fremdes Gesteins-material) am Fuß der Grenz-Hecke bieten da und dort interessante Gesteine.

Auf mehreren hundert Meter gibt es jetzt einen ziemlich geraden Grenzverlauf zwischen Ackerflächen und Waldgebiet. Ein schmaler landwirtschaftlicher Weg führt an der Grenz-Hecke entlang.
An der Grenz-Hecke entlang: gerader Grenzverlauf mit vielen Grenzsteinen, meistens im Gestrüpp versteckt. Lohnende Lesestein-Haufen im Gestrüpp am Wegrand mit interessanten Gesteinen. Aufnahme im März.
Buntsandsteingerölle der Ur-Enz weiterhin als Begleiter. Wer einen Hammer hat, kann beim Zerschlagen der einheitlich aussehenden Gerölle ein buntes Innenleben entdecken.
Aus den Lesestein-Haufen am Fuße der Grenz-Hecke: Der Stein reagiert nur wenig auf Salzsäure. Heftige Reaktion (Schaumteppich) im Bereich von Calcit-Nestern, Calcit-Drusen oder Calcit-Adern.
Grauer Stein mit aufgeschlagenen Calcit-Drusen. Die Drusen sind klein.
Lesesteinhaufen, Grenz-Hecke, unter dem Mikroskop, 20-fache Vergrößerung: Der Calcit hat sich blumenkohlartig in einen Hohlraum hinein entwickelt.
Lesesteinhaufen, Grenz-Hecke, unter dem Mikroskop, 20-fache Vergrößerung: Druse mit Calcit-Bildungen
Eher der seltene Fund: Ackersteine an der Grenz-Hecke mit Stylolithen. Die Steine reagieren nur verhalten auf Salzsäure.
Die Stylolithen-Steine haben auch Drusen in der Gesteinsmasse. Unter dem Mikroskop sind winzige, dunkle, wirr liegende Rhomboeder in den parallelen Rillen zu sehen.
Wieder schlägt die rote Grenze einen Haken. Bei Punkt M, am Verbindungsweg Großglattbach-Lomersheim liegen helle Steine am Ackerrain, die Muscheln und Muschelabdrücke haben.
Mergelstein aus dem Keuper an der Markungsgrenze bei K 3, ein heller weicher Stein; dunkle, auch glitzernde Calcit-Adern durchziehen den Stein; es gibt kleine Calcit-Drusen.
Bei Punkt M auf der Karte oben: Muschelabdruck im hellen, leicht sandigen Gestein.
Muschel-Steine bei Punkt M auf der Karte oben. In der Sonne glitzern die Steine ganz fein. Manche sind leicht gepunktet.
Die Muschel-Spuren im vorhergehenden Bild sind hier verdeutlichend mit Bleistift nachgezeichnet.

Am Ende der Wanderung ist dann noch die gleiche Strecke Rückwanderung zum Parkplatz zu bewältigen. Vielleicht entdeckt man nun, was man vorher vergeblich gesucht hat. Solches bewirkt gelegentlich der wechselnde Sonnenstand. Ein rundes Dutzend ganz unterschiedlicher Steine wurde auf dieser Wanderung vorgestellt, alles aber Grenzsteine, mal an der Gemarkungsgrenze, mal an der Grenze Muschelkalk-Keuper. Die Hälfte dieser Steine bei einem Spaziergang zu entdecken, das wäre schon sehr erfolgreich! Versuchen Sie es doch mal!